Impfung: Impfschutz kann Erkrankungen vermeiden
In der aktuellen Stellungnahme setzt sich die Stiftung Kindergesundheit mit einigen besonders hartnäckig wiederholten Einwänden gegenüber Impfungen auseinander:
Krankheiten wie Diphtherie oder Kinderlähmung gibt es bei uns nicht mehr – warum sollte dagegen geimpft werden?
Durch erfolgreiche Impfungen sind gefährliche Krankheiten, wie Pocken, Kinderlähmung, Diphtherie, Tetanus oder Masern heute bei uns selten geworden sind. Sie sind aber (noch) nicht verschwunden. Tetanus-Erreger befinden sich im Erdboden auf der ganzen Welt und sind nicht zu bekämpfen. Kinder in Deutschland erkranken noch immer an dieser lebensbedrohlichen Infektion. Eine Immunität gegen sie ist nur durch die Impfung zu erreichen. Diphtherie-Erreger gibt es noch immer. Sie können von Urlaubsheimkehrern, Geschäftsreisenden oder Einwanderern täglich eingeschleppt werden und sich ausbreiten. Fälle von Kinderlähmung (Polio) sind vor einiger Zeit im Urlaubsgebiet der Dominikanischen Republik, in Anatolien und in Bulgarien registriert worden, auch in Afrika und Indien tritt Polio kontinuierlich auf. Neue Fälle von Kinderlähmung in Albanien im Jahr 1996, in Rumänien im Jahr 2000, in Bulgarien im Jahr 2001, oder der explosionsartige Anstieg der Diphtherie in der ehemaligen Sowjetunion zeigen, dass eine Vernachlässigung von Schutzimpfungen ernsthafte Konsequenzen haben kann.
Krankheiten können mit Medikamenten behandelt werden. Sind Impfungen überhaupt notwendig?
44 Prozent der Deutschen glauben, es gäbe wirksame Medikamente gegen Tetanus, 34 Prozent glauben, Tollwut sei heilbar. Dies ist falsch: Gegen Viruskrankheiten ist die Medizin auch heute noch weitgehend machtlos. Gegen eine Masern-Enzephalitis oder Mumps-Meningitis gibt es keine Medikamente. Die Gefährlichkeit zeigt das Beispiel des Masernausbruchs in Nordrhein-Westfalen 2006: Dort gab es 1.749 Krankheitsfälle, 15 Prozent davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zwei Patienten starben an den Folgen der Kinderkrankheit. Von den rund 30.000 Krankheiten, die die Medizin heute kennt, können die Ärzte erst ein Drittel behandeln, oft auch nur deren Symptome. Antibiotika bekämpfen zwar Bakterien, es wurde jedoch noch nie eine Krankheit durch Antibiotika ausgerottet. Mit Hilfe der Impfungen ist es möglich, wenigstens einigen gefährlichen Krankheiten vorzubeugen. Wie erfolgreich Impfungen die Gesundheit von Kindern schützen können, zeigt das Beispiel der Impfung gegen Polio: 1961 gab es in der damaligen Bundesrepublik noch 4.461 Poliofälle. 305 Kinder starben an der Krankheit, 800 behielten lebenslange Behinderungen. Heute gilt ganz Europa als derzeit frei von Kinderlähmung – dank Impfung.
Wird das Immunsystem eines winzigen Babys nicht überlastet, wenn es schon einige Wochen nach der Geburt Krankheitskeime gespritzt bekommt?
Sind Mehrfachimpfstoffe zu viel des Guten? Babys und kleine Kinder kommen jeden Tag mit neuen Keimen, Bakterien und Viren in Berührung. Die Antigene der abgeschwächten oder abgetöteten Krankheitserreger in den Impfstoffen machen nur einen kleinen Bruchteil dieser Begegnungen aus. Sie schädigen nicht das Immunsystem, sondern stimulieren es: Es reagiert nach der Impfung ähnlich wie bei einer echten Infektion und bildet Antikörper gegen die Krankheit. Die heute empfohlenen Impfungen für Kinder enthalten wesentlich weniger Antigene als die früheren. Die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Mehrfachimpfungen wurde in vielen Studien untersucht. Sie unterscheidet sich nicht von Impfstoffen, mit denen nur vor einer Krankheit geschützt wird. Ihr grosser Vorteil: Es sind wesentlich weniger Injektionen notwendig. Durch einen Sechsfach-Impfstoff bei der Grundimmunisierung werden nur sieben statt 32 Injektionen benötigt. Manche Krankheiten sind gerade am Anfang des Lebens besonders gefährlich. Um rechtzeitig vorzubeugen und unter Berücksichtigung der Zeit, die der Organismus zum Aufbau des Impfschutzes benötigt, sind frühe Impfungen sinnvoll.
Warum können auch Geimpfte erkranken?
Keine Impfung bietet 100 Prozent Schutz. Der Impferfolg der meisten empfohlenen Schutzimpfungen liegt über 90 Prozent (Masern: 95 Prozent, Hepatitis B: 90-95 Prozent, Tetanus: 95 Prozent). Das Durchmachen einer Kinderkrankheit ist ein natürlicher Vorgang, den Kinder für ihre Entwicklung benötigen.
Schaden da Impfungen nicht mehr als sie nützen?
Geimpfte Kinder sind nicht weniger gesund als nicht geimpfte. Eine schwere Infektion schwächt den kindlichen Organismus eher, als dass sie die Entwicklung fördert. Um das „natürliche“ Erlebnis einer Krankheit zu haben, gibt es nach wie vor Dutzende von Virusinfekten und andere Gesundheitsstörungen, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung Jahr für Jahr durchmachen. Impfungen schützen vor lebensgefährlichen Komplikationen von Infektionskrankheiten.
Impfstoffe enthalten Substanzen wie quecksilberhaltiges Thiomersal oder Aluminium. Ist das nicht zu gefährlich?
Die Weltgesundheitsorganisation WHO, das US-amerikanische „Institute of Medicine“ und die europäische Arzneimittelbehörde EMEA sind unabhängig voneinander zu dem Schluss gelangt, dass hier keine nachteiligen Folgen zu befürchten sind. Thiomersal dient als Konservierungsmittel, es verhindert die Vermehrung von Bakterien. Eine Untersuchung bei Patienten, die auf Thiomersal allergisch waren, zeigte, dass eine intramuskuläre Impfung mit einem thiomersalhaltigen Impfstoff bei einem Grossteil von ihnen gar keine allergischen Reaktionen hervorruft. Heutige Impfstoffe sind überwiegend thiomersalfrei oder enthalten so geringe Mengen, dass dieses Problem nicht mehr bedeutsam ist. Aluminiumhaltige Impfstoffe sind seit mehr als 40 Jahren im Routinegebrauch. Gesundheitsprobleme aufgrund der winzigen Aluminiummengen in den Impfstoffen konnten nicht festgestellt werden.
Impfstoffe beinhalten auch ein Risiko – warum sollte man das für ein gesundes Kind in Kauf nehmen?
Keine Impfung ist ganz ohne Risiko, aber die Gefahren sind viel geringer als bei einer natürlichen Erkrankung. Nur bei über 100.000 Anwendungen werden nach einer Impfung ernste Folgen, wie z.B. allergische Reaktionen, unklare Erkrankungen beobachtet. So wurden im Jahr 2005 insgesamt etwa 44 Millionen Impfstoffdosen in Deutschland verkauft. Im selben Zeitraum meldeten Ärzte und Pharmahersteller knapp 1.400 vermutete Impfkomplikationen – das entspricht einer Rate von etwa drei Verdachtsfällen pro 100.000 verkaufte Dosen. Wie eine Analyse am Paul-Ehrlich-Institut ergab, lagen bei knapp einem Drittel der gemeldeten Fälle keine Hinweise auf einen möglichen Kausalzusammenhang mit der Impfung vor. Zudem war ein grosser Teil der gemeldeten Gesundheitsstörungen – wie z.B. hohes Fieber – vorübergehender Natur. Lediglich bei fünf Geimpften wurde eine andauernde gesundheitliche Beeinträchtigung gemeldet, die möglicherweise durch die Impfung ausgelöst worden war. Die heute empfohlenen Impfungen wurden bereits bei Millionen von Kindern mit grossem Erfolg angewendet und haben sich als sicher erwiesen. Selten können schwerere allergische Reaktionen auf einen Impfstoff auftreten. Bei der Kombinationsimpfung gegen Diphtherie, Wundstarrkrampf, Keuchhusten und Hib ist dies einmal bei über einer Million Impfungen der Fall, bei der Hepatitis B-Impfung in einem Fall auf 600.000 Impfungen. Bei der Masernimpfung kann es in den seltensten Fällen (einmal auf eine Million) zu einer Hirnentzündung kommen. Diese ist aber 200 bis 400 Mal seltener als nach einer natürlichen Erkrankung an Masern.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die frühere Keuchhusten-Impfung weder zum Plötzlichen Kindstod führt, noch Hirnschäden verursacht, dass die Hepatitis B-Impfung nicht die Ursache der Multiplen Sklerose ist, dass die Masern-Impfung keinen Autismus verursacht und dass die Mumps-Impfung nicht zu Diabetes führt. Die wissenschaftliche Beweisführung wird jedoch von erklärten Impfgegnern häufig negiert und die angeblichen Risiken der Impfungen immer wieder neu aufgewärmt.
Vorbeugen ist besser als heilen. Deshalb setzt sich die Stiftung Kindergesundheit, unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Koletzko, Dr. von Haunersches Kinderspital München, für eine verbesserte Gesundheitsvorbeugung ein, fördert die hierzu notwendige Forschung und die Verbreitung wissenschaftlich gesicherter Informationen für Ärzte und Familien mit Kindern. Die gewonnenen Erkenntnisse kommen allen Kindern und ihren Familien zugute.
Quelle: Stiftung Kindergesundheit