Durch mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre benötigen Kulturpflanzen weniger Wasser
Wie reagieren Kulturpflanzen wie Weizen, Kartoffeln oder Mais, wenn ihnen mehr CO2 zur Verfügung steht? Fördert das ihr Wachstum, haben wir bessere Ernten zu erwarten und wie beeinflusst die CO2-reichere Umgebungsluft den Wasserbedarf der Pflanzen? Wissenschaftler des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI) in Braunschweig können auf einige dieser Fragen jetzt Antworten geben. Die stetig steigende Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre ist nicht nur einer der Hauptfaktoren für den Klimawandel – das Gas dient auch als unverzichtbarer Baustein für die Photosynthese der Pflanzen und ist damit Grundlage allen Lebens.
Die Arbeitsgruppe um Professor Hans-Joachim Weigel vom vTI-Institut für Biodiversität konnte auf Erkenntnisse aus der Fachliteratur aufbauen, nach denen in Laborversuchen die meisten unserer Kulturpflanzen eine höhere Photosyntheserate und ein verstärktes Wachstum zeigen, wenn sie mehr CO2 zur Verfügung haben. Einige Pflanzenarten konnten unter diesen Bedingungen auch das vorhandene Wasser besser ausnutzen – ein wichtiger Gesichtspunkt, da in unseren Breiten künftig längere Trockenperioden während des Sommers erwartet werden. Unbekannt war bis jetzt aber, wie die Pflanzen unter realen landwirtschaftlichen Anbaubedingungen auf das erhöhte CO2-Angebot in der Atmosphäre und auf verminderte Niederschläge reagieren.
Um hier zu belastbaren Aussagen zu kommen, errichteten Weigel und sein Team auf einem Versuchsfeld des von Thünen-Instituts in Braunschweig eine europaweit einmalige CO2-Anreicherungsanlage, mit der die zukünftigen Konzentrationen dieses Gases in der Atmosphäre sowie unterschiedliche Trockenheitsbedingungen direkt im Freiland simuliert werden können. In dieser sogenannten FACE-Anlage (Free Air Carbon Dioxide Enrichment) wird mithilfe von ringförmig angeordneten Düsen eine Kreisfläche mit einem Durchmesser von 20 Metern computergesteuert so mit CO2 begast, dass sich im Bereich der Pflanzen eine Atmosphäre mit rund 550 ppm (parts per million) Kohlendioxid einstellte. Das entspricht den Verhältnissen, wie sie für das Jahr 2050 erwartet werden. Auf dem Rest des Feldes beträgt die CO2-Konzentration in der Luft 385 ppm, das ist der heute überall anzutreffende Wert.
In mehrjährigen Versuchen mit der Fruchtfolge Gerste, Weizen und Zuckerrüben konnten die vTI-Forscher zeigen, dass die Pflanzen in der CO2-angereicherten Fläche 10 – 15 % mehr Biomasse bilden und dass die Pflanzen dabei je nach Versuchsjahr 5 – 20 % weniger Wasser über ihre Spaltöffnungen in die Umgebungsluft abgaben, d.h. ihre Transpiration reduzierten. Während der CO2-Anreicherung erhöhte sich auch die Bodenfeuchte unter diesen Beständen. Das bedeutet: Diese Pflanzen können das ihnen zur Verfügung stehende Wasser effizienter nutzen.
In einem anschliessenden zweijährigen Versuch mit Energiemais, der sich durch schnelles Wachstum bei hohen Temperaturen auszeichnet, wurden erstmals unter Feldbedingungen gezielt die Wechselwirkungen zwischen Trockenstress (erzeugt durch eine Regenausschlussvorrichtung) und einer gleichzeitig erhöhten CO2-Konzentration untersucht. Die Maispflanzen reagierten auf den simulierten Trockenstress unter heutigen CO2-Bedingungen mit einem Wachstumsverlust (oberirdische Biomasse) von rund 28 %. Unter der CO2-angereicherten Atmosphäre war das Wachstum allerdings „nur“ um ca. 11 % erniedrigt, der Trockenstresseffekt wurde also erheblich kompensiert.
„Die Ergebnisse sind Beispiele für Rückkoppelungseffekte, die bei der Klimafolgenabschätzung beachtet werden müssen“, erläutert Weigel. In den kommenden zwei Jahren will seine Arbeitsgruppe die Versuche zur Kombinationswirkung von Trockenstress und erhöhter CO2-Konzentration unter dem Aspekt der Nutzung der genetischen Vielfalt mit verschiedenen Sorten von Sorghum-Hirse, ebenfalls eine Energiepflanze, fortsetzen. Die hierbei erzielten Ergebnisse sollen im Rahmen eines Verbundprojektes in die züchterische Optimierung von Sorghum-Hirse einfliessen.
Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei