EU senkte Fangquote für Ostsee-Kabeljau
Die Europäische Union hat heute gegen die Stimme Polens eine Senkung der Fangquote für die überfischten Bestände des Kabeljaus in der Ostsee beschlossen. Die neue Fangquote, die ab 2007 gelten soll, liegt zehn Prozent unter der jetzigen Quote im östlichen Teil der Ostsee. In den westlichen Fanggebieten ist eine Senkung von lediglich sechs Prozent vorgesehen, weil die Bestände hier nicht so stark bedroht seien. Gegenwärtig beträgt die Fangquote in der östlichen Ostsee 45.339 Tonnen pro Jahr, in ihrem westlichen Teil 28.400 Tonnen. Der WWF Deutschland kritisierte den Beschluss der zuständigen EU-Minister als eine Katastrophe für den Dorsch in der Ostsee, weil so ein Zusammenbruch der Bestände nicht zu verhindern sei.
Ausserdem wurde die Quote für Lachs um fünf Prozent gesenkt, die Fangquoten für den Hering blieben unverändert. Zum Ausgleich dürfen aber acht Prozent mehr Sprotten gefangen werden. Der Ministerbeschluss blieb hinter den Forderungen der EU-Kommission zurück, die eine Senkung der Fangquoten um 15 bis 20 Prozent vorgeschlagen hatte.
Noch bis in die 70-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts galt der Kabeljau als eine der häufigsten Fischarten der Erde. Jetzt ist er nach Ansicht von Wissenschaftlern vom Aussterben bedroht. Nach Angaben des WWF ist der Dorschbestand in der östlichen Ostsee auf ein Drittel geschrumpft. Der WWF bezieht sich auf den Internationalen Rat zur Erforschung der Meere (ICES), der ein Fangverbot für die bedrohte Fischart gefordert hatte. Der WWF fordert ein Massnahmenpaket zur Erhaltung der Dorschbestände, das drei Bestandteile hat: die sofortige Beendung der Überfischung, die Verringerung der Überkapazität und ein nachhaltiges Fischereimanagement.
Nach Ansicht der WWF-Fischereiexpertin Heike Vesper hat die EU mit ihrer heutigen Entscheidung kurzfristige wirtschaftliche Interessen über die Notwendigkeit des Schutzes der Zukunft unserer Fischbestände gestellt. Für die Zukunft der Kabeljau- beziehungsweise Dorschbestände sieht der WWF nur geringe Hoffnung, insbesondere da gleichzeitig mit der Fangquotenregelung die Kontroll- und Überwachungsmassnahmen für den Fischfang in der Ostsee geschwächt worden seien. Die illegale Fischerei ist nach wissenschaftlichen Schätzungen ein ernstzunehmendes Problem in der Ostsee. Ausserdem hielten sich viele Länder nicht an die vorgeschriebenen Fangquoten und holten 50 bis 100 Prozent mehr Fische aus der Ostsee als erlaubt. Im Jahr 2004 seien 69.000 Tonnen Dorsch gefangen worden, das war die fünffache Menge des offiziell Erlaubten. Mit der illegalen Fischerei zusammen genommen, so schätzt Vesper, kommen die Zahlen für 2004 sogar auf 100.000 Tonnen gefangenen Kabeljau.
Als warnendes Beispiel weist der WWF auf die Entwicklung der Situation in Kanada hin. Dort brach der Kabeljaubestand 1992 wegen fehlender Schutzmassnahmen kurzfristig zusammen. 40.000 Menschen, deren Arbeitsplätze vom Kabeljaufang abhingen, wurden daraufhin arbeitslos.