Nachhaltige Fischerei: Weniger fangen und langfristig mehr verdienen?
(aid) 09.01.2008 – „Bigger stocks mean bigger bucks“ – Grßere (Fisch)-Bestände bringen mehr Geld. Diese knappe Formel könnte für eine entscheidende Trendwende in der nachhaltigen Fischerei sorgen. Sie stammt von einem Team von Wirtschaftsforschern der Australian National University, die in einer umfangreichen Studie die Einnahmesituation der Fischer in Relation zu den Fischbeständen untersucht haben. Ihre Empfehlung: Den Beständen der wirtschaftlich wichtigsten Fischarten sollte Zeit zur Erholung gegeben werden. Das Geld, das den Fischern dadurch entgeht, wird durch deutlich höhere Gewinnspannen beim Fang der erholten Bestände mehr als wett gemacht. Die Wirtschaftsexperten begründen diese Prognose mit dem so genannten „stock effect“. Wenn mehr Fische verfügbar sind, sinkt der Aufwand für den Fang. Die Fischer verbrauchen weniger Treibstoff und müssen nicht mehr so häufig auslaufen, um die Netze mit der gleichen Menge Fisch zu füllen. Dadurch sinken die Kosten und der Gewinn steigt automatisch. Frühere Berechnungen zum Zusammenhang zwischen Bestandsgrße und Gewinn gingen davon aus, dass die Fangkosten unabhängig oder proportional zur gefangenen Fischmenge sind. Die Forscher berechneten die Gewinnentwicklung in ihrem Modell für vier Fischarten, unter anderen für den Gelbflossenthunfisch. Dabei kamen sie bei allen Arten, egal ob lang- oder kurzlebig, immer zu dem gleichen Ergebnis. Die Gewinne beim Fang erholter Bestände glichen die Mindereinnahmen für die Wartezeit zur Erholung der Bestände aus. Der Effekt war umso grßer, je stärker die Bestände vor ihrer Erholung überfischt waren. Das Modell berücksichtigt auch den zu erwartenden Rückgang des Verkaufspreises durch das grßere Angebot, der bis zu 25 Prozent ausmachen kann. Nach Meinung der Forscher entsteht dadurch eine echte „win-win“-Situation. Fischer und Umwelt profitieren gleichermassen von stabilen, grossen Beständen. Die Forscher gehen davon aus, dass sie mit ihrem Modell endlich ein überzeugendes Argument für die Fischer haben, kurzfristig auf hohe Fangquoten zu verzichten. Bisher haben diese immer auf den Erhalt der aktuellen Quoten bestanden. Auch das Fischerei-Management könnte von dem Modell profitieren, denn die aus ökonomischer Sicht optimalen Bestandsgrßen und Fangmengen lassen sich damit leichter festlegen. Voraussetzung für die Akzeptanz der Empfehlung ist allerdings, dass die Fischer langfristig zugesicherte Fangrechte erhalten, um die erst später einsetzende Gewinnoptimierung voll ausnutzen zu können. In Australien wurde diese Erkenntnis bereits in die Praxis umgesetzt. Hier änderten die Behörden und Fischer ihre Fangstrategie zugunsten der langfristigen Gewinnoptimierung.
aid, Jürgen Beckhoff
Quelle: aid