Karpaltunnelsyndrom: Operieren oder nicht?! Ultraschall gibt Antwort
Wer morgens häufig taube und eingeschlafene Hände hat, leidet wahrscheinlich am Karpaltunnelsyndrom. Etwa jeder zehnte Erwachsene ist davon betroffen. Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) fordern auf einer Pressekonferenz am Mittwoch, den 11. Dezember 2019 in Berlin, dass Patienten mit diesen Beschwerden möglichst immer per Ultraschall untersucht werden. Sie erläutern wie Sonografie-Geräte den betroffenen Nerv sehr detailliert abbilden. Obwohl das Verfahren schon lange etabliert ist, wird es aktuell in Deutschland noch nicht häufig angewendet.
Das Problem: Viele Untersucher sind nicht ausreichend qualifiziert. Die DEGUM fordert, dass sich mehr Ärzte gezielt schulen lassen – etwa in Kursen nach dem bewährten Drei-Stufen-Konzept der Fachgesellschaft. Zudem müsse die Methode möglichst bald in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden.
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Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Erkrankung der peripheren Nerven. „Dabei kommt es zu einer Einklemmung des mittleren Nervs des Unterarms im Karpaltunnel, einem knöchernen Kanal an der Hohlhandseite des Handgelenkes“, erläutert DEGUM-Experte Dr. Henrich Kele, Facharzt für Neurologie in Hamburg.
Die ersten Krankheitszeichen sind fast immer ein Kribbeln und Taubheitsgefühle in einer oder in beiden Händen. „Diese Störungen treten zunächst nachts, im weiteren Verlauf der Krankheit aber auch tagsüber auf und verstärken sich durch Arbeiten mit den Händen oder längeres Halten des Handgelenkes in gebeugter oder überstreckter Stellung, etwa beim Radfahren“, so Kele. Bei länger andauerndem oder schwerem Karpaltunnelsyndrom könnten das Gefühl in den Fingern und die Kraft in der Hand dauerhaft beeinträchtigt sein, worunter insbesondere die Fingergeschicklichkeit leide.
Zur Diagnose setzen Ärzte eine elektrophysiologische Untersuchung und die Ultraschalldiagnostik ein. Nach Ansicht der DEGUM bietet die Sonografie zahlreiche Vorteile: „Sie kann den Nerv und seine Umgebung besonders detailliert abbilden“, sagt der Facharzt für Neurologie. „So können beispielsweise genaue Informationen zur Lage der Engstelle und über die Ursache gegeben werden.“ Bei etwa jedem dritten Patienten könnten mittels Sonografie ursächliche Faktoren – wie etwa Sehnenscheidenentzündungen – erkannt werden. Dadurch ist eine besonders effektive Behandlung möglich – und die Entscheidung für oder gegen eine Operation kann letztendlich besonders gut getroffen werden.
Wenn die Beschwerden nach der Operation fortbestehen oder danach wieder auftreten, ist die Sonografie laut den DEGUM-Experten die wichtigste Untersuchungsmethode. „Per Ultraschalldiagnostik können inkorrekt durchgeführte Operationen, Komplikationen wie beispielsweise schmerzhafte Nervenverletzungen oder präoperativ nicht erkannte Ursachen der Symptome – wie zum Beispiel Nerventumore oder Entzündungen des Nervs – dargestellt werden“, betont Kele. Und auch wenn das Karpaltunnelsyndrom nicht operiert, sondern konservativ beispielsweise mit einer Unterarmschiene ohne Erfolg behandelt wird, ist der Ultraschall bedeutend: Wenn Kortikosteroide per Injektion in den Karpaltunnel gegeben werden, ist dies mit Sonografie-Unterstützung effektiv.
Sehr wichtig für die Qualität der Untersuchung ist die Ultraschall-Kompetenz des behandelnden Arztes. „Um die Mediziner in ihrem fachlichen Know-How zu schulen, bietet die DEGUM qualifizierte Ultraschall-Kurse nach ihrem bewährten Drei-Stufen-Konzept an“, sagt Dr. Kele. Die Fachgesellschaft setzt sich zudem dafür ein, dass die Sonografie beim Karpaltunnelsyndrom möglichst bald in den Katalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen wird. Momentan müssen Patienten diese noch selbst bezahlen.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)