Milchpreise: Einflussfaktoren aus aller Welt!
(aid) 24.10.2007 – „Der Preisanstieg lässt bei Milch sich nicht nur mit dem grßeren Durst der Chinesen nach Milch erklären“, erläuterte Erhard Richarts von der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle (ZMP),Bonn, in einem Vortrag über die Wechselwirkungen und Gründe für steigende Preise auf dem Milchmarkt. Der langjährige Leiter der Abteilung Milch der ZMP referierte zu dem Thema in der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL) in Kiel. Die aktuelle Situation auf dem Weltmilchmarkt ist gekennzeichnet durch eine Nachfrage, die stärker wächst als die Produktion. In der EU steht die steigende Milchnachfrage sogar einer schrumpfenden Milchproduktion gegenüber. Zum Beispiel wird im Vereinigten Königreich deutlich unterhalb des Vorjahresniveaus gemolken. Im Mittelmeerraum litt die Produktion unter der Hitze, selbst Deutschland und Frankreich melken seit August unterhalb des Vorjahresniveaus. EU-weit sind die Milchüberschüsse deutlich zurück gegangen, die Interventionsbestände sind vollständig geräumt. Angesichts der wandelnden Märkte verwundert es kaum, dass frühere Instrumentarien zur Marktprognose an Aussagekraft einbüssen. Gerade der Milchmarkt war durch die vielfältigen administrativen Regularien und die Vermarktungsstruktur eher stabil. Auf Basis der Preise für Butter und Milchpulver wurde lange Jahre der „theoretische Weltmarktpreis“ als Massstab verwendet. Die Beschränkung auf die Preise von Butter und Milchpulver mögen zu Zeiten der Intervention ausreichend gewesen sein, die wachsende Bedeutung von Käse macht es aber notwendig, künftig auch den Preis für Käse in diesem Konstrukt zu berücksichtigen, so Richarts. Zudem erschweren die „vagabundierenden Mengen“ die Marktbeurteilung. Hierbei handelt es sich um Milchmengen von Landwirten, die ihre Milch ohne eine feste Bindung zu einer Molkerei produzieren und vermarkten. Statistiken über den Umfang dieser frei gehandelten Mengen gibt es indes keine. Mit dem Milchhandel lässt sich aktuell viel Geld verdienen. So gibt es in Dänemark Landwirte, die angesichts schlechterer Auszahlungspreise im eigenen Land ihre Milch nach Deutschland verkaufen. Alles wird sich auf Dauer wieder beruhigen, glaubt Richarts, aber aktuell gebe es auf dem Milchmarkt doch einen „Schuss von Wildwest“. Mit Blick auf die weitere Preisentwicklung muss abgewartet werden, zu welchem Ergebnis die zeitnahen Verhandlungen mit grossen Discountern kommen. Der starke Anstieg der Preise dürfte gerade bei Butter zu einem Rückgang der Nachfrage geführt haben. Inwieweit sich dies in Preisabschlägen bemerkbar machen wird, bleibt abzuwarten. Auch wenn er nicht mit einer Umkehr des positiven Trends rechnet, so glaubt Richarts doch an ein kommendes stabiles Marktgleichgewicht.
aid, Dr. Uwe Scheper
Quelle: aid