Wie ein Tsunami entsteht – Wenn der Schlamm in Rutschen kommt
Neue Untersuchungen Kieler und Bremer Meeresforscher zur Entstehung von Tsunamis
Nicht nur Erdbeben, auch Unterwasser-Lawinen, so genannte Hangrutschungen, an Kontinentalhängen können Tsunamis auslösen. Im Südwestatlantik vor Uruguay und Nord-Argentinien können diese Prozesse besonders gut erforscht werden, denn dort schwemmt der Rio de la Plata grosse Mengen Sediment wie Schlamm, Sand oder Steine in die flachen Küstenmeere, von wo aus sie weiter in die Tiefsee rutschen. Unter Leitung von Prof. Sebastian Krastel vom Kieler Exzellenzcluster Ozean der Zukunft und dem Bremer MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften untersuchten 28 Forscher aus Kiel und Bremen mit dem Forschungsschiff METEOR Sedimenttransport und Stabilität der Kontinentalhänge vor der Küste Argentiniens und Uruguay.
Regen und Stürme, Kälte und Hitze nagen beständig am Land. Durch Verwitterung und Erosion gelangen Sand, Steine und andere Sedimente in die Flüsse. Diese schwemmen sie in die Meere. Der Fluss Rio de la Plata zwischen Uruguay und Argentinien transportiert beispielsweise 90 Prozent der in seinem Einzugsgebiet so durch Verwitterung und Erosion entstandenen Sedimente in den Südwestatlantik. Ein Teil lagert sich auf dem bis zu 200 Kilometer breiten und flachen Schelf ab. Ein Teil rutscht jedoch über die Schelfkante den rund 4000 Meter tiefen Kontinentalhang in die Tiefsee hinunter. Das Material aus dem Rio de la Plata und weiteren Flüssen bildet mächtige, oft instabile Ablagerungen, die der Ausgangspunkt von Hangrutschungen sein können. Dabei bewegen sich grosse Sedimentmassen lawinenartig hangabwärts und können Infrastruktur wie Plattformen und Kabel am Meeresboden zerstören oder sogar Tsunamis auslösen.
Die Untersuchung der Sedimente am Meeresboden gibt uns Aufschluss darüber, wie Schlamm, Muschelreste oder Steine den rund 500 Kilometer langen Weg von der Küste über den Schelf bis in die Tiefsee zurücklegen. Daraus können wir Rückschlüsse ziehen, wann Hänge instabil werden und Hangrutschungen auslösen , sagt Prof. Sebastian Krastel. Besonders zufrieden sind die Wissenschaftler mit der erfolgreichen Beprobung einer Gleitfläche, entlang der sich eine Rutschung bewegt hat. Oft ist diese zu tief vergraben oder zu hart, um daraus Material zu gewinnen. Während der Fahrt konnten jedoch Proben ohne aufwändige Bohrtechnik entnommen werden.
Für die Untersuchungen haben die Wissenschaftler spezielle Echolotsysteme und ein seismisches System eingesetzt. Die Echolote bilden den Meeresboden selbst und die ersten 20 bis 30 Meter unterhalb des Meeresbodens ab. Mit den seismischen Systemen können Strukturen bis rund 1000 Meter unterhalb des Meeresbodens in hoher Auflösung untersucht werden. Auf Grundlage dieser Daten wurden dann mit bis zu 18 Meter langen Rohren Bohrkerne aus dem Meeresboden ausgestanzt, die von Geologen, Geotechnikern und Geochemikern in den Heimatlaboren untersucht werden.
Quelle: marum