Situationseinschätzung zur Neuen Influenza
Situationseinschätzung zur Neuen Influenza vom Robert Koch Institut
Stand 4.6.2009
In Deutschland ist ein weiterer Fall der Neuen Grippe (Influenza A/H1N1) bestätigt worden. Es handelt sich um einen Mann in Bayern, der in den USA gewesen war. Von den insgesamt 38 Fällen in Deutschland wurden 20 aus den USA und 9 aus Mexiko eingeschleppt (die beiden Staaten mit den weitaus meisten Fällen), ein Fall wurde aus Grossbritannien eingeschleppt. Acht Übertragungen sind in Deutschland aufgetreten, in vier Familien von Reiserückkehrern und in einem Krankenhaus; eine Person in Bayern (deren Infektion das Robert Koch-Institut am 3.6.2009 bestätigt hat) hatte sich in einem Flughafen infiziert. Die 38 Fälle verteilen sich auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (12), Bayern (10), Sachsen-Anhalt (5), Hessen (3), Baden-Württemberg (2), Brandenburg (2), Thüringen (2), Sachsen (1) und Hamburg (1). Die ersten Fälle waren am 29.4.2009 bestätigt worden. In der Regel sind die Erkrankungen in Deutschland mild verlaufen.
Für Deutschland kann keine Entwarnung gegeben werden, mit weiteren Erkrankungen muss gerechnet werden. Es muss vor allem die internationale Situation im Auge behalten werden, um auch zukünftig auf neue Entwicklungen rasch und angemessen reagieren zu können.
Die Weltgesundheitsorganisation erwartet, dass das Virus in weiteren Staaten auftreten wird und sich in den betroffenen Ländern weiter ausbreiten wird ( Closing remarks to the 62nd World Health Assembly , 22.05.2009). Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation gibt es vermutlich keine oder nur eine beschränkte Immunität gegen das neue H1N1-Virus. Bei einer grossen Verbreitung könnte auch ein Virus, das bei gesunden Menschen vorwiegend milde Symptome verursacht, grosse Auswirkungen auf eine Gesellschaft haben ( Assessing the severity of an influenza pandemic vom 11.5.2009). Das Virus ist gut von Mensch zu Mensch übertragbar. Hinzu kommt, dass Grippeviren ihr Erbgut ständig verändern. Die WHO weist darauf hin, dass das Virus insbesondere in der bevorstehenden Influenzasaison auf der Südhalbkugel Gelegenheit zum Austausch genetischen Materials haben könnte.
Die Symptome der neuen Grippe sind ähnlich wie bei saisonaler Influenza, vor allem Fieber, Atemwegsbeschwerden und Gliederschmerzen. Todesfälle sind bislang nur auf dem amerikanischen Kontinent aufgetreten, die meisten in Mexiko. Ausserhalb von Mexiko sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation fast alle Todesfälle bei Menschen mit Grunderkrankungen aufgetreten ( Assessing the severity of an influenza pandemic vom 11.5.2009). Die WHO weist darauf hin, dass in Ländern mit einer grossen Verbreitung des Virus auch schwere und tödliche Infektionen auftreten können ( Closing remarks ). Aktuelle Daten zur weltweiten Verbreitung sind auf der Internetseite der Weltgesundheitsorganisation zu finden, zur Situation in Europa veröffentlicht das Europäische Zentrum für Infektionsschutz und Prävention regelmässig Updates. Die Neuraminidasehemmer (antivirale Medikamente gegen Influenzaviren) sind nach Angaben des amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention bei dem neuen Virus wirksam, siehe FluView Week 17.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das neue Virus am 25.4.2009 als gesundheitliches Risiko von internationaler Bedeutung eingestuft, eine vergleichbare Einstufung gab es beim Auftreten von SARS 2003. Die Weltgesundheitsorganisation hat am 27. April die pandemische Warnphase 4 und am 29. April 2009 die Phase 5 ausgerufen. Phase 5 wird charakterisiert durch eine fortgesetzte Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Virus in mindestens zwei Staaten einer WHO-Region.
Auf eine solche Situation hat sich Deutschland in den vergangenen Jahren vorbereitet. Das Robert Koch-Institut hat (wie in der Pressemitteilung vom 27.4.2009 mitgeteilt) den gemeinsam von Bund und Ländern getragenen Nationalen Pandemieplan Anfang 2005 und eine aktualisierte Fassung 2007 veröffentlicht. Der Pandemieplan enthält Massnahmen, Aufgaben und Handlungsempfehlungen und erläutert die wissenschaftlichen Zusammenhänge der Pandemieplanung. Für die Einschleppung von Fällen haben die Gesundheitsbehörden des Bundes und der Länder Massnahmen ergriffen, um die Betroffenen schnell zu behandeln und Infektionen vor Ort möglichst zu vermeiden. Zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und den Ländern hat das RKI die bestehenden Empfehlungen zum Vorgehen in solchen Situationen an die aktuelle Situation angepasst und den Gesundheitsämtern, Krankenhäusern und Ärzten zur Verfügung gestellt. Die Massnahme-Empfehlungen, die regelmässig überprüft werden, sind auch auf den Internetseiten des Robert Koch-Instituts abrufbar.
Für die Bevölkerung in Deutschland wird nach wie vor keine allgemeine Gefährdung durch die neue Grippe gesehen. Generell empfohlene persönliche Hygienemassnahmen sollten aber besonders beachtet werden, insbesondere bei Kontakt zu Reiserückkehrern aus betroffenen Regionen. Influenzaviren werden vor allem durch Tröpfcheninfektion übertragen. Insbesondere beim Niesen oder Husten können Erreger auch auf die Hände gelangen und darüber weiterverbreitet werden. Daher wird häufiges Händewaschen empfohlen, ausserdem sollten die Hände vom Gesicht ferngehalten werden, die die Erreger leicht auf die Schleimhäute von Augen, Nase und Mund übergehen können. Beim Husten sollte in den Ärmel gehustet werden. Ausführliche Informationen zu persönlichen Schutzmassnahmen bei Virusinfektionen sind in der Broschüre Selbstverteidigung gegen Viren enthalten, die unter www.wir-gegen-viren.de abrufbar ist.
Weitere Informationen, auch zu Hotlines: www.rki.de/influenza
Quelle: RKI