Kalte Quellen am Meeresboden: Methan- Emissionen aus der Tiefsee
An manchen Stellen des Meeresbodens, besonders an Kontinentalhängen in Wassertiefen von über 1000 Metern sorgt ein stetiger Ausstrom von Methan dafür, dass sich Oasen des Lebens entwickeln können. Das Methan stammt aus den Tiefen des Meeresbodens und dient Mikroorganismen als Energiequelle. Jetzt haben sich zwei Bremer Wissenschaftler die Gasaustritte an diesen kalten Quellen genauer angeschaut und weltweit bilanziert. Bis zu 80% des potentiellen Treibhausgases an kalten Quellen wird von marinen Lebewesen oxidiert. Weil mehr Methan verzehrt als nach gängigen Vorstellungen gebildet wird, vermuten die Autoren weitere kilometertief gelegene Methanquellen.
Prof. Dr. Antje Boetius und Dr. Frank Wenzhöfer, beide Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie und am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung schätzen, dass es weltweit zehntausende von kalten Quellen an Kontinentalrändern gibt, die jährlich bis zu 20 Millionen Tonnen Methan abgeben können und einer bunte Vielfalt von Röhrenwürmern, Muscheln und Krebsen ein Leben fernab vom Licht der Sonne ermöglichen. Im Rahmen der Forschungsarbeiten des Exzellenzclusters MARUM der Universität Bremen haben sie sich mit den Umsätzen von Methan und Sauerstoff in der Tiefsee beschäftigt.
Kalte Quellen und Methan
Den Forschern ist es wichtig, den Weg des potentiellen Treibhausgases Methan zu verstehen. Wie entsteht es, wohin geht es, wo sind die Lagerstätten, welche Prozesse sorgen für seinen Verbrauch und wann kommt es in die Atmosphäre?
Prof. Antje Boetius erläutert: „Methan entsteht hauptsächlich durch mikrobiellen Abbau organischer Substanzen unter Sauerstoffabschluss, also Bedingungen, wie sie im Meeresboden der Kontinentalränder vorkommen, oder durch thermische Prozesse im Erdmantel. An manchen Stellen wird das Gas aus dem Untergrund gepresst und bahnt sich seinen Weg aufwärts bis zum Meeresboden und ins darüber liegende Wasser, oder gar bis in die Atmosphäre. Das sind die sogenannten kalten Quellen, aus denen im Gegensatz zu den spektakulären 400 Grad heißen Hydrothermalquellen nur mäßig erwärmtes Wasser strömt.“
Etwa ein bis fünf Prozent aller Methanemissionen in die Atmosphäre stammen aus den Tiefseequellen. Die kalten Quellen sind das Ergebnis von tektonischen Bewegungen an aktiven Kontinentalrändern oder einfach nur durch Unterschiede in der Dichte; über Risse im Meeresboden gelangt dann das Gas an die Oberfläche und tritt aus dem Meeresboden aus. Dabei können die Austrittslöcher nicht unterschiedlicher sein, die Durchmesser reichen von Zentimeter breiten Poren bis zu Kilometern bei den Schlammvulkanen. Es gibt auch eine feste Form des Methans. Bei hohem Druck und niedrigen Temperaturen kann sich Methanhydrat bilden, eine Form, die dem biologischen Kreislauf nicht direkt zur Verfügung steht.
Methan-Filter am Meeresboden
Zum Glück für die menschliche Zivilisation strömt Methan nicht ungehindert aus dem Meeresboden in die Atmosphäre, denn die Natur nutzt auch diese Energiequellen sehr effizient. Bekannt sind zwei Hauptwege. Dort, wo Sauerstoff vorhanden ist, verwenden Mikroorganismen diesen, um das Methan zu Kohlendioxid zu verbrennen. Im Gegensatz zu dieser „aeroben“ Oxidation von Methan ist bei der sauerstofffreien „anaeroben“ Oxidation von Methan kein molekularer Sauerstoff beteiligt. Besondere mikrobielle Lebensgemeinschaften verwenden das im Meerwasser reichlich vorhandene Sulfat, um das Methan zu verbrauchen. Das toxische Produkt – stinkender Schwefelwasserstoff – wird wiederum von weiteren Mikroorganismen mit Sauerstoff veratmet. So greifen beide Prozesse in die Sauerstoffbilanz ein.
Weitere Kohlenstoffreservoirs in der Tiefe
Die weltweite Methan-Bilanz ergibt auch, dass mehr Methan im oberen Kilometer des Meeresbodens verbraucht wird als durch mikrobielle Prozesse erzeugt werden kann. Man schätzt, dass sich dort maximal 10-20 Millionen Tonnen Kohlenstoff jährlich bilden. Doch werden ja auch in wesentlich größeren Tiefen noch Methan bildende Mikroorganismen vermutet. In Tiefen von 1-4 km unter dem Meeresboden bei Temperaturen von 30-120 Grad, die noch Leben erlauben, lagern mindestens 200 Billionen Tonnen Kohlenstoff. Hier, in der „ Tiefen Heißen Biosphäre“ („Deep Hot Biosphere“) gibt es noch mikrobielles Leben, über das wir sehr wenig wissen.
Prof. Antje Boetius erläutert: „Kalte Quellen der Tiefsee – besonders die an Schlammvulkanen – sind Fenster zu der unbekannten tiefen heißen Welt im Meeresboden und faszinierende, natürliche Laboratorien, die als Ökosystem besonders schützenswert sind. Um ihre Rolle für den Methanausstoß besser zu verstehen, sollten wir sie genau beobachten.“
Quelle: Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie