Flügel-Schlag näher untersucht: DLR vermisst die Form eines Schleiereulen-Flügels im Flug
Der Flug von Vögeln ist noch zu grossen Teilen unerforscht – speziell die Bewegungen beim Flügel-Schlag und die Strömung um den Flügel sind der Wissenschaft ein Rätsel. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geht dieser Frage gemeinsam mit der RWTH Aachen und der Universität der Bundeswehr auf den Grund: Ab dem 26. April 2011 lassen die Wissenschaftler eine Schleiereule in einem geschlossenen Raum an der RWTH Aachen fliegen und fotografieren dabei deren Flügel, um Informationen darüber zu bekommen, wie ein Vogel im Flug seine Flügel verformt. Hier ist Grundlagenforschung gefragt. Dem Wissenschaftler-Team ist es seit dem Projektstart 2008 gelungen, den Eulen-Flügel im Gleitflug zu vermessen, die kommenden Messungen beschäftigen sich mit dem Schlagflug.
Die Ergebnisse des Projekts sollen nicht nur helfen, die Umströmung des Flügels, also die Strömung um den Flügel herum, zu berechnen und so den Vogelflug besser zu verstehen, sondern auch in die moderne Luftfahrt einfliessen. „Die Ergebnisse sind aber nicht auf einen A380 anzuwenden, der ist mit dem Flugverhalten einer Eule gar nicht zu vergleichen. Die Forschungsergebnisse sollen bei kleineren unbemannten Flugobjekten, den sogenannten UAVs, zum Einsatz kommen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Dillmann, Leiter des DLR-Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik.
Forschung an den Bewegungsabläufen im Flug
Die Form eines Vogelflügels im Flug zu vermessen ist nicht einfach: Denn im Gegensatz zu einem technischen Gerät, dessen Standort im Raum bekannt ist, kann das bei einem lebenden Objekt nie genau vorhergesagt werden. „Die Eule fliegt bei manchen Messungen etwas höher, bei anderen tiefer. Auch wenn dies Probleme verursacht, sollen die Eulen nicht beeinflusst werden, um einem authentischen Flug möglichst nahe zu kommen“, erläutert Thomas Wolf vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik. Um die Position der Eule im Raum sowie deren Flügel-Oberfläche bestimmen zu können, projiziert Thomas Wolf ein Muster auf den Ober- und Unterflügel der Eule und registriert dieses mit modernster Videotechnik – später am Computer können er und seine Kollegen verschiedene Bildpunkte zuordnen und damit die Form der Flügel-Oberfläche ausrechnen. Hierdurch kommen die Forscher den Bewegungsabläufen auf die Spur. Das optische Messverfahren arbeitet mit einer Genauigkeit von circa 0,5 Millimetern. Bis auf die Vorderkante ist der gesamte Flügel im Gleitflug erfasst. Aufgrund der Rundung ist dieser Teil zum jetzigen Zeitpunkt nicht exakt zu vermessen, eine Software dafür befindet sich in der Entwicklung.
Acht Kameras sind bei den Versuchen im Einsatz. Vier machen von oben Aufnahmen, vier von unten. Projektoren mit der Punktemuster-Projektion strahlen jeweils von oben und unten den Eulen-Flügel an. Dieses Messverfahren mit den Projektoren kann der Luftfahrt ebenfalls nützlich sein: Einige technische Geräte wie beispielsweise eine Turbine können für eine genaue Vermessung nicht mit Mustern bemalt werden – die Farbe würde bei einem Einsatz der Turbine verbrennen. Will man eine optische Vermessung zur Qualitätskontrolle trotzdem durchführen, ist es mit Hilfe von Projektoren möglich, ein Muster aufzubringen.
Futter als Flug-Anreiz
Die Bahn, die die Eulen Happy und Tesla überfliegen, ist circa sieben Meter lang. Die Tiere fliegen jeweils einzeln. Um ihnen einen Anreiz zum Flug zu bieten, wartet am Ende der Bahn Futter auf die Tiere. Allerdings funktioniert das nicht immer. „Manchmal hat die Eule auch einfach keine Lust zum Fliegen. Wir sind dann in der Vergangenheit einfach selber etwas essen gegangen und teilweise um zwei Uhr nachts wiedergekommen, wenn die Eule fliegen wollte“, erklärt DLR-Wissenschaftler Thomas Wolf. Das artgerechte Verhalten der Tiere wurde für die Flugversuche beachtet. Das Forschungsprojekt läuft noch bis Juni 2012. Für kommende Versuche entwickelt das DLR ein mit der fliegenden Eule mitfahrendes Kamerasystem, das auf einer Bahnlänge von bis zu 30 Metern zum Einsatz kommen soll.
Quelle: DLR