Weltall: Mit dem Spektrometer Erkenntnissen auf der Spur
Die Raumfähre Endeavour bringt bei ihrem letzten Flug in ihrer Ladebucht eine besondere Fracht zur Internationalen Raumstation ISS: das Alpha-Magnet-Spektrometer (AMS). An dem 7 Tonnen schweren und 1,5 Milliarden Euro teuren Instrument haben 10 Jahre lang mehr als 500 Forscher und Ingenieure aus 16 Ländern gearbeitet. Univ.-Prof. Dr. rer.nat. Stefan Schael, Inhaber des RWTH-Lehrstuhls für Experimentalphysik, koordinierte dabei die deutschen Beiträge und ist mit seiner Gruppe massgeblich beteiligt an der Entwicklung und dem Bau mehrerer Komponenten. Das AMS-Experiment ist ein herausragendes Projekt der internationalen Grundlagenforschung. Die umfangreiche Beteiligung der RWTH Aachen in den letzten 15 Jahren unterstreicht die Bedeutung der Naturwissenschaften an unserer technischen Hochschule“, betont RWTH-Rektor Prof. Ernst Schmachtenberg.
Das AMS wird an der Raumstation ISS angebracht und hat die Aufgabe, die kosmische Höhenstrahlung im Weltraum zu vermessen. Damit wollen die Wissenschaftler einigen Rätseln des Universums auf die Spur kommen. Dazu gehört beispielsweise die Frage nach der Natur der Dunklen Materie, die sich bisher nur mittelbar durch ihre Anziehungskraft nachweisen lässt. Ähnlich verhält es sich mit der Antimaterie: Der Urknalltheorie folgend, hätte sie in gleichem Masse wie Materie entstehen müssen – doch bisher konnte keine kosmische Antimaterie nachgewiesen werden. Von dem, was unser Universum ausmacht, können wir derzeit gerade einmal vier Prozent mit unserer Physik erklären den übrigen 96 Prozent haben wir Namen wie Dunkle Materie und Dunkle Energie gegeben, wissen darüber aber so gut wie nichts , erläutert Prof. Schael.
Hier soll AMS mit seinen Detektoren neue Erkenntnisse liefern. Herzstück des Spektrometers ist ein Spurdetektor, der von einem ringförmigen Permanentmagneten umgeben ist. Der Magnet zwingt die durchfliegenden geladenen Teilchen auf Kreis-Bahnen, aus deren Krümmung die Wissenschaftler die elektrische Ladung der Teilchen und ihre Energie bestimmen können. AMS arbeitet mehrstufig und trägt an seiner Spitze den so genannten Übergangsstrahlungsdetektor. Er wurde vom Team der RWTH zusammen mit der Gruppe von Prof. Wim de Boer des Karlsruher Instituts für Technologie gebaut. Aufgabe des aus über 300 Detektorkammern bestehenden Instruments ist es, zwischen leichten und schweren Teilchen zu unterscheiden.
Bereits zwei Stunden nach dem Start wird AMS noch an Bord des Space Shuttles ein-geschaltet. Zwar nehmen die Teilchendetektoren noch nicht den Betrieb auf, aber die Elektronik zur Überwachung des komplexen Messinstruments liefert erste Informationen, wie gut AMS den Shuttle-Start überstanden hat. Vier Tage später soll AMS dann auf der Raumstation montiert werden: Der Greifarm des Space-Shuttles hebt es dazu aus der Ladebucht und übergibt es an den Greifarm der ISS. Sobald es an seiner endgültigen Position auf der ISS fixiert ist, werden die elektrischen Verbindungen hergestellt. Erst dann beginnt für die beteiligten Wissenschaftler die eigentliche Arbeit. Früher hat man bei Fernsehern die Zimmerantenne justieren müssen, um ein scharfes Bild zu erhalten. Wir haben 300.000 Antennen, die wir jede einzeln justieren müssen, damit AMS uns optimale Bilder der kosmischen Höhenstrahlung liefert , so Schael. AMS wird dabei in 90 Minuten mit der ISS zusammen die Erde umkreisen, so dass sich die Betriebsparameter kontinuierlich verändern. Wir stehen mit unserer Forschung noch ganz am Anfang , ergänzt der Aachener Wissenschaftler. Aber bereits jetzt ist sicher: Mit AMS werden wir viel über die Zusammensetzung der kosmischen Strahlung lernen und somit auch darüber, wie unsere Galaxie aufgebaut und unser Universum entstanden ist. Die Frage nach der Natur der Dunklen Materie, der Ursache der Materie-Antimaterie Asymmetrie im Universum oder des Aufbaus der Materie in Neutronensternen betreffen die Grundlagen der modernen Physik. AMS hat das Potenzial, in den nächsten Jahren hierzu wichtige Beiträge zu liefern und unser Weltbild damit grundlegend zu verändern.
Quelle: Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen