Mehr Probleme durch Rutschungen befürchtet
Der Felssturz auf die Gotthard-Autobahn im Mai 2006, die Schlammlawine auf den Philippinen im Dezember 2006, der Felsabbruch in Kairo im September 2008 oder die Böschungsrutschung am Tagebausee in Nachterstedt im Juli 2009 – Ereignisse wie diese zeigen die allgegenwärtige Gefährdung durch das Naturphänomen Rutschungen. Nach Einschätzung der Forschungsstelle Rutschungen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) kommen derartige Ereignisse in den letzten Jahren häufiger vor. Es gibt keine zentrale Erfassungsstelle und viele Rutschungen werden nicht gemeldet, aber unser Eindruck ist, dass Rutschungen in den letzten zwei bis drei Jahren weltweit zugenommen haben , sagt Dr. Johannes Feuerbach, Wissenschaftlicher Direktor der Forschungsstelle. Wir sehen hier dringenden Handlungsbedarf in Deutschland und auf der ganzen Welt.
Vor dem Hintergrund, dass die wirtschaftlichen Schäden durch Rutschungen weltweit ein immer grßeres Ausmass annehmen und dass beim Erkennen von Rutschungen und der Gefahrenabschätzung noch ein erhebliches Wissensdefizit besteht, wurde die Forschungsstelle Rutschungen (FSR) 1997 als ein Aninstitut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz gegründet. Wissenschaftler der Ingenieurgeologie, Hydrogeologie, Geomorphologie, Geophysik und des Bauingenieurwesens sammeln hier das Wissen über Hang- und Böschungsbewegungen und entwickeln Lösungsmöglichkeiten für die Sanierung und Stabilisierung von Rutschungen.
Aktuell arbeitet die Forschungsstelle im Auftrag der Bundesanstalt für Strassenwesen an einem Projekt, um die Risiken von Rutschungen durch die mögliche Zunahme von Extremwetterereignissen abzuschätzen. Dass die Rutschungen in den letzten Jahren zugenommen haben und wahrscheinlich weiter zunehmen werden, liegt möglicherweise an der Klimaveränderung , so Feuerbach. Er weist darauf hin, dass die Experten der FSR sich bei ihren Aussagen auf Klimamodelle stützen, die wiederum mehrheitlich einen Klimawandel prognostizieren. Dann müssen wir mit höheren Niederschlägen und Starkregen rechnen , erklärt Feuerbach. Dieses Problem wird derzeit noch unterschätzt.
Besonders betroffen sind naturgemäss Gebiete, die sich in Hanglagen befinden. Am schlimmsten trifft es oft völlig mittellose Bevölkerungsgruppen, die sich wie etwa in den Favelas von Rio de Janeiro am steilen Stadtrand niederlassen Gebiete, die bei Sommerregen stark vom Absturz bedroht sind. Aber auch hierzulande sind durch menschlichen Eingriff in Hanglagen Gefahrenzonen entstanden, etwa durch die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, Flurbereinigungen, den Bau von Verkehrswegen und Siedlungen sowie durch Änderungen in der Grundwasserführung. Wünschenswert wäre angesichts der Klimaerwartungen, die gefährdeten Gebiete deutschlandweit zu erfassen und in einer Art Gefahrenatlas darzustellen. Baumassnahmen könnten dann vorab besser geplant werden.
Die Forschungsstelle Rutschungen vermittelt ihr Wissen in Vorlesungen, auf Fachseminaren und im Rahmen von Geländeexkursionen an interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Das 11. Weiterbildungsseminar zum Thema Rutschungen in W- und SW-Deutschland findet am 08. und 09.06.2011 in der Alten Mensa, Atrium maximum auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz statt.
Das ZDF wird in seiner Sendung Abenteuer Wissen u.a. auch die Arbeit der Forschungsstelle Rutschungen vorstellen. Abenteuer Wissen: Risiko Erdrutsch Wie gefährdet ist Deutschland? kommt am 27.04.2011 um 22.15 Uhr.
Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz