Phagen, Antibiotika-Resistenzen, MRE und neue Antibiotika
Multiresistente Bakterien sind eine stille, aber tödliche Gefahr für die Menschheit. Diese „leise Pandemie“ beschreibt die WHO als eine globale Bedrohung für die Gesundheit und die Entwicklung. Ein sektorübergreifendes Handeln ist dringend erforderlich.
Multiresistente Bakterien töten jährlich global mindestens 1,2 Millionen Menschen. In Deutschland kommt es pro Jahr zu 400.000 bis 600.00 nosokomiale Infektionen und daran versterben zwischen 10.000 bis 20.000 Menschen. Vor diesem Hintergrund kommt dem zielgerichteten Antibiotika-Einsatz und der Erforschung und Etablierung neuer Therapiekonzepte große Bedeutung zu. Neue Wirkstoffe sind beispielsweise Antibiotika. Eine große Bedeutung kommt wahrscheinlich auch den Bakteriophagen zu.
Bakteriophagen (kurz Phagen) sind Viren, die nur Bakterien erkennen und mit ihnen interagieren können, sodass sie im nächsten Schritt in die Bakterien eindringen und sich darin vermehren, um die Bakterien schließlich aufzulösen (lysieren). Dabei lysieren Phagen spezifisch nur innerhalb jeweils einer Bakterienart. Phagen sind die natürlichen Regulatoren der Bakterienmasse der gesamten Biosphäre und gehören beispielsweise zu den Bestandteilen des Viroms im humanen Mikrobiom. Überall da wo Bakterien unerwünscht sind, in der Human- und Tiermedizin, in der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung, können Bakteriophagen als „Bakterienfresser“ eine bedeutende Rolle spielen. Das letztgenannte Anwendungsgebiet ist das einzige rein präventive, dagegen stellt die Anwendung beispielsweise in der Humanmedizin eine Alternativoption und/oder Ergänzung zur Antibiotikaanwendung dar. Aufgrund ihrer Wirtsspezifität können Phagen gezielt eingesetzt werden, wenn die bakteriellen Ziele bekannt sind.
Bakteriophagen können bei antibiotikaresistenten Bakterien effektiv wirken, wenn sie nachgewiesenermaßen zu den Keimen passen, diese also effektiv lysieren können. Das muss vorher im Labor in verschiedenen Experimenten beurteilt werden, auch wenn wir damit nicht die Phagenwirkung im Patienten vorhersagen können. Im Rahmen der DSMZ-Phagensammlung werden derzeit etwas mehr als 1.000 verschiedene Bakteriophagen beforscht und gesammelt. Im Herbst 2022 erhielt mit dem Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH erstmals ein wissenschaftliches Institut in Deutschland die GMP-Zertifizierung zur Identitätsprüfung von Phagen-Prüfpräparaten zur Anwendung am Menschen gemäß § 64 Absatz 3f Arzneimittelgesetz. Das Leibniz-Institut DSMZ kann somit die DNA-Sequenzierung zur Identifizierung von Phagen in Projekten, die an einem therapeutischen Einsatz von Phagen forschen, durchführen. Das Leibniz-Institut DSMZ befasst sich seit über 30 Jahren mit Bakteriophagen. Seit vielen Jahren sind die Phagen-Forscher der DSMZ an Forschungsprojekten beteiligt.
Quelle: Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH