MRSA: Neuer MRSA-Stamm wird von manchen Tests nicht erkannt
Zwei in der Diagnostik und Krankenhaushygiene verwendeten Schnelltests können einen neuen Stamm von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) nicht detektieren. Dies haben InfectoGnostics-Forscher des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) jetzt mit internationalen Partnern in einer Studie im Fachjournal Eurosurveillance belegt.
Der neue Bakterienstamm ist in Europa zunehmend verbreitet und wird wegen einer Veränderung in seinem Genom durch diese molekularen Tests nicht mehr korrekt als MRSA erkannt. Die falsch-negativen Resultate könnten zu Fehlentscheidungen bei der Antibiotika-Therapie führen und Maßnahmen zur Infektionsprävention in Kliniken verzögern.
Molekulare Testmethoden haben in den vergangenen Jahren die Infektionsprävention in vielen Ländern entscheidend verbessert: Kommerzielle Testsysteme auf Basis der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ermöglichen beispielsweise für MRSA ein systematisches Testen, um genauer zu bestimmen, welche Patienten isoliert untergebracht werden müssen, damit sich ein Erreger nicht weiter im Krankenhaus verbreitet („Aufnahmescreening“´). Zudem werden solche Tests auch zu diagnostischen Zwecken – zum Beispiel an Blutkulturen von Sepsis-Patienten – eingesetzt, um eine erste Entscheidungsbasis für eine schnelle und wirksame Antibiotikagabe zu erhalten.
Ein sich derzeit in Europa ausbreitender MRSA-Stamm mit dem Namen „European CC1-MRSA-IV“ könnte jedoch ein großes Problem für bislang zuverlässige Screenings darstellen. InfectoGnostics-Wissenschaftler des Leibniz-IPHT konnten gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam nachweisen, dass einige der marktführenden PCR-Tests den neuen MRSA-Erreger nicht erkennen.
Sowohl der „BD Max StaphSR“-Assay des Herstellers Becton Dickinson als auch der „GeneXpert MRSA/SA BC“ von Cepheid scheiterten daran, die positive Probe eines Indexpatienten aus Graz korrekt als MRSA zu identifizieren. Kontrollen mit Isolaten dieses Stamms aus Deutschland, Rumänien und Irland zeigten für den „BD Max“ ebenfalls falsch-negative Resultate. Weitere Kontrollen mit dem Test von Cepheid konnten aufgrund der Covid19-Krise jedoch noch nicht durchgeführt werden. Nicht betroffen von dem Problem ist hingegen ein anderer Cepheid-Test für MRSA-Haut- und Gewebeinfektionen (GeneXpert MRSA/SA SSTI).
— Falsch-negative Tests könnten Menschenleben kosten —
Der Grund für das Scheitern der Tests ist nach Einschätzung der Forscher eine spezielle Veränderung im Erbgut des neuen Stamms:
„Die Tests detektieren einen bestimmten Abschnitt im Genom des Bakteriums, an dem sich eine mobile Genkassette mit MRSA-typische Resistenzgenen befindet. Genau in diesem Bereich hat der neue Stamm eine lange, zusätzliche Gensequenz, die wohl gemeinsam mit der kompletten Genkassette einer anderen Staphylokokken-Art transferiert wurde. Der Bereich, den die Tests erkennen sollten, ist deshalb so verändert, dass der Nachweis nicht mehr funktioniert. Deshalb bleibt das Testergebnis negativ, obwohl ein MRSA vorliegt.“ erläutert Dr. Stefan Monecke.
Ursprung des neuen Stamms ist vermutlich Südost-Europa: schon 2014 konnten ihn die Forscher in Rumänien nachweisen ( https://doi.org/10.1371/journal.pone.0097833). Aber auch in Irland, Italien, Deutschland und Österreich wurde der MRSA-Stamm nachgewiesen. In Bayern scheint er häufig zu sein, aus Nordrhein-Westfalen wurde zumindest von einem Ausbruch berichtet und auch in Sachsen wurden einzelne Fälle beobachtet. In einigen Isolaten des Stammes aus Irland kommt zudem ein zusätzliches Gen vor, das ihn resistent gegen Wirkstoffe macht, die häufig vor chirurgischen Eingriffen gegen die Besiedlungen mit MRSA eingesetzt werden (darunter auch Mupirocin; https://doi.org/10.1016/j.meegid.2019.01.021).
„Bei einer solch weiten Verbreitung des Stammes können falsch-negative Tests schnell zu Fehlentscheidungen bei der Isolation von Patienten oder zur Gabe des falschen Antibiotikums führen – das kann Menschenleben kosten. Für die klinische Praxis ist es deshalb besonders wichtig, dass Ärzte zunächst konventionelle Antibiogramme einsetzen und die Hersteller schnellstmöglich aktualisierte molekulare Tests auf den Markt bringen“, bewertet Stefan Monecke die Lage.
Stefan Monecke ist habilitierter Facharzt für Mikrobiologie und gehört der IPHT-Abteilung für „Optisch-molekulare Diagnostik und Systemtechnologie“ an. Die Gruppe unter Leitung von Prof. Dr. Ralf Ehricht nutzt Mikroarray-Technologien und Sequenzierungsverfahren, um die Detektion und das Verständnis von Antibiotikaresistenzen zu verbessern.
Quelle: InfectoGnostics – Forschungscampus Jena e.V.