Nahezu jeder Wald in den USA von zunehmender Trockenheit bedroht
Wälder in allen Regionen der USA leiden unter der Hitze, einer Folge der zunehmenden Trockenheit und des Klimawandels, wie ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Duke University mit Beteiligung von Niklaus E. Zimmermann von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL in der Fachzeitschrift Global Change Biology (online) berichtet.
„Während der letzten 20 Jahre haben die ansteigenden Temperaturen und das sich verändernde Niederschlagsregime zu stärkerer Trockenheit im Wald geführt, und zwar fast überall auf dem nordamerikanischen Kontinent“, sagt James S. Clark von der Duke University im Bundesstaat North Carolina, der Leiter dieser in der Fachzeitschrift Global Change Biology veröffentlichten Studie. „Für den Westen Amerikas weiss man dies zwar schon länger, unsere Analyse zeigt aber nun, dass sich praktisch alle Wälder des Landes in einem Veränderungsprozess befinden und ihr Zustand sich aufgrund zunehmender Trockenheit zu verschlechtern droht“, ergänzt er. „Selbst wenn wir alle Unsicherheiten unseres Wissens über die Anpassungsfähigkeiten von Wäldern an eine sich schnell verändernde Umwelt berücksichtigen, können wir uns kaum vorstellen, welche Wälder hier in 20 bis 40 Jahren wachsen werden.“
Trockenheitsbedingte Waldschäden, Massenvermehrungen von Borkenkäfern und natürlich entstehende Waldbrände gibt es schon heute auf grossen Flächen im Westen Amerikas. Viele Modelle sagen aber für den Grossteil der USA voraus, dass Trockenphasen in Zukunft stärker und häufiger auftreten und länger andauern dürften.
Verbreitung von Baumsamen nicht schnell genug im Klimawandel
Es gibt deutliche Hinweise, dass sich die Bäume in den heutigen Wäldern nicht schnell genug auf den raschen Klimawandel einstellen. Wenn es trockener und wärmer wird, können viele Baumarten, vor allem diejenigen in den artenreichen Laubwäldern der östlichen Staaten, nicht in für sie günstigere Gegenden ausweichen – zum Beispiel in höhere Lagen. Das Tempo der Temperaturerhöhung ist für fast alle Baumarten zu schnell, so dass die Baumsamen nicht schnell genug die angrenzenden, wärmer werdende Regionen besiedeln können.
Niklaus E. Zimmermann von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald und Landschaft WSL, einer der Ko-Autoren der Studie, erwartet eine ähnliche Reaktion für die Wälder in der Schweiz: „Mit dem Klimawandel werden die meisten Baumarten tendenziell in höhere Lagen ausweichen, um zu überleben. Dieser Prozess bedingt, dass sowohl Samen rasch dorthin verbreitet werden, als auch neue Wälder aufwachsen, die ihrerseits wieder Samen produzieren können. Die daraus resultierende Migrationsgeschwindigkeit ist allerdings wesentlich langsamer als die räumliche Verschiebung geeigneter Habitate aufgrund des Klimawandels.“ Auch das laufende Forschungsprogramm Wald und Klimawandel des Bundesamtes für Umwelt BAFU und der Forschungsanstalt WSL, in dem Zimmermann ebenfalls engagiert ist, geht davon aus, dass im Wald ohne entsprechende waldbauliche Massnahmen mittel- bis langfristig mit einer Gefährdung wichtiger Waldleistungen zu rechnen ist.
Die Ergebnisse des internationalen Forschungsteams fassen die Ergebnisse von mehreren hundert Studien zusammen und geben einen Überblick über den ausführlichen Bericht, den die Autoren kürzlich im „National Assessment on the Impacts of Drought on Forests and Rangelands“ beim U.S. Forest Service veröffentlicht haben.
„Es ist für viele Menschen notwendig zu verstehen, was heute passiert und wie sich der Klimawandel in der Zukunft auf den Wald auswirkt, damit wir mit den Folgen dieser Veränderungen umgehen können“, generalisiert Clark. Und Zimmermann fügt hinzu: „Eine Waldbewirtschaftung, die den Klimawandel berücksichtigt, kann die negativen Auswirkungen auf den Wald begrenzen und dadurch den Verlust an Holzzuwachs in tiefen Lagen begrenzen und diesen in höheren Lagen steigern.“
Die neue Studie gibt einerseits einen Überblick über die aktuellen sowie die zukünftigen Einflüsse von Trockenphasen auf die Wälder in Amerika, andererseits aber auch über regionale Unterschiede und mögliche Bewirtschaftungsszenarien, mit denen sich die nachteiligen Auswirkungen begrenzen liessen. Der Fachartikel weisst zudem auf wichtige Wissenslücken hin, die es Forschenden erschwert, die Geschwindigkeit und das Ausmass zukünftiger Auswirkungen genau vorherzusagen.
Zuverlässige Vorhersagen gesucht – aber nur schwer vorherzusagen
„Wir wissen heutzutage ziemlich gut, wie sich Klimawandel und Trockenheit auf einzelne Bäume auswirken“, sagt Clark, „Ökologen haben unterdessen herausgefunden, wie unterschiedlich einzelne Bäume ihr Wachstum bei Trockenheit anpassen. Es gibt allerdings ziemliche Unsicherheiten darüber, wie sich trockenere Verhältnisse auf einzelne Baumarten insgesamt, und auf ganze Waldbestände auswirken; die Unsicherheiten sind vor allem im Osten der USA gross. Dies müssen wir aber genau wissen, damit Forstleute bereits heute damit beginnen können, zukünftige durch den Klimawandel verursachte Wachstumseinbussen in Grenzen zu halten.“
Ohne verbesserte Erfahrungen im Verständnis der komplexen Einflüsse, welche benachbarte Bäume, Baumarten und Umweltbedingungen generell auf das Wachstum eines Baumes haben, können nicht einmal die besten der heutigen Modelle die Reaktionen auf klimatische Veränderungen einigermassen verlässlich angeben, erklärt Clark. „Darum werden wir unsere Forschung nun genau auf diese Themen ausrichten“.
Quelle: Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL