Zika-Virus: Epidemie in Amerika
Ende des Jahres 2015 hat das brasilianische Gesundheitsministerium zum ersten Mal einen auffälligen Anstieg von Geburtsschäden im Nordosten Brasiliens, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Epidemie von Infektionen mit dem Zika-Virus stehen, verzeichnet.
„Der Verdacht auf eine Fruchtschädigung bei Infektionen mit dem Virus während der Schwangerschaft liegt nahe“, erklärt Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). „Der Kopfumfang bei der Geburt der Babys liegt deutlich unter 32 Zentimetern und die Kinder sind häufig geistig behindert, weil das Gehirn unterentwickelt ist oder sie versterben bereits vor der Geburt; Mikrozephalie bezeichnen Fachleute die Krankheit“, so der Virologe.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) korrigiere die Zahlen der aktuellen Fälle tagtäglich nach oben. In Brasilien habe es zwischen 2010 und 2014 jährlich nur 150 bis 200 Zika-Virusinfektionen gegeben. Im November 2015 verzeichnetet die WHO bereits 399 Fälle.
Das Gesundheitsministerium in Brasilien empfiehlt brasilianischen Frauen bis 2018 nicht schwanger zu werden. „Erst dann wird es eine sogenannte Herdenimmunität geben – der größte Teil der Bevölkerung wird dann also immun gegen das Zika-Virus sein“, erläutert Schmidt-Chanasit. Hat die Mutter Antikörper gegen das Virus gebildet, besteht keine Gefahr für das Ungeborene, an einer Mikrozephalie zu erkranken. Ob eine Frau Antikörper gegen das Virus besitzt, lässt sich im Blut nachweisen.
„In Deutschland ist mit Einzelfällen zu rechnen, da die Mückenarten, die das Zika-Virus übertragen, in einigen Teilen Deutschlands schon heimisch sind. Ein großer Ausbruch wie in Brasilien ist aber nicht zu erwarten“, beruhigt Schmidt-Chanasit. Für Reisende in betroffene Gebiete gilt nach wie vor, sich mit Mückenschutzmitteln und langärmeliger Bekleidung zu schützen. Schwangere Frauen sollten momentan nicht in die betroffenen Gebiete reisen. „Eine Impfung ist noch nicht vorhanden. Es wird sicherlich noch Jahre dauern, bis ein Impfstoff gefunden ist“, betont Schmidt-Chanasit.
„Gesunde und vor allem auch nichtschwangere Frauen müssen vor einer Virusinfektion im Allgemeinen keine Angst haben“, ermutigt Schmidt-Chanasit Menschen, dennoch ihre Reisepläne fortzusetzen. „Die Symptome fallen meist milde aus, oder der Betroffene merkt die Infektion gar nicht.“ Erkrankte bemerkten meistens nur ein leichtes Fieber und Hautausschlag. Nach zwei bis drei Tagen ist die Infektion in der Regel überstanden.
Patientinnen und Patienten sowie Reiserückkehrer mit Verdacht auf eine Zika-Virusinfektion müssen sich an ihre Frauenärztin oder ihren Frauenarzt beziehungsweise an ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt wenden.
Das Virus gehört zur Familie der Flaviviren und wurde ursprünglich 1947 in Uganda isoliert. Es wird durch Stechmücken – die sogenannte Tigermücke und die Gelbfiebermücke – übertragen und verursacht Fieber mit Gelenkscherzen. Das Zika-Virus zirkuliert bereits seit einigen Jahrzehnten in Asien, was vor allem durch seinen Nachweis bei heimkehrenden Touristen am BNITM nachgewiesen wurde. Seit 2007 fallen Ausbrüche in Mikronesien und Polynesien auf, 2015 wurden Infektionen vom BNITM erstmalig auch in Brasilien beschrieben, mit dem gleichen Virustyp wie in Polynesien.
Quelle: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin