Erdbeben- Gefährdung im Gebiet des östlichen Mittelmeers
Die Zahl der Erdbeben- und Tsunami- Quellen im östlichen Mittelmeer ist beachtlich höher als bisher gedacht. Zudem ereignen sich, auf einer geologischen Zeit- Skala gesehen, diese Bebenereignisse in geballten Ausbruchsserien. Ein Team von Geowissenschaftlern des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, der Canterbury University und von GNS Science in New Zealand präsentieren diese Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe von “Geophysical Research Letters”. Der Studie zufolge muss das seismische Risiko höher als bisher bekannt angesetzt werden.
Durch die Kollision der Afrikanischen mit der Eurasischen Platte ist der Boden des Mittelmeers in ein Puzzle aus kleineren tektonischen Blöcken und Fragmenten zerbrochen. Daraus entsteht eine hohe Gefährdungslage durch Erdbeben vor allem im östlichen Mittelmeer. Warum aber hat diese Region mit der höchsten seismischen Aktivität Europas seit Minoischer Zeit, also mehr als 4.000 Jahre, bisher nur zwei bekannte Großbeben mit einer höheren Magnitude als M 8 hervorgebracht?
Im östlichen Mittelmeer, südlich von Kreta, taucht der afrikanische Teil des Meeresbodens unter die Ägäische Mikroplatte. Mit der Untersuchung der Erdbebengeschichte dieser Subduktionszone wollen die Geoforscher die Hauptprozesse besser verstehen, welche die Entstehung von Erdbeben und ihre Wiederholungsintervalle steuern. “Bei der Untersuchung des Hellenischen Bogens gehen wir 50.000 Jahre zurück. Das ist mehr als das Zehnfache des bisherigen Zeitfensters der Beobachtungen von Paläo-Erdbeben im östlichen Mittelmeer,” sagt Vasiliki Mouslopoulou (GFZ), die Leit-Autorin der Studie. “Wir konnten erstmals überhaupt das zeitliche und räumliche Verteilungsmuster kartieren, mit dem Mega-Erdbeben den Hellenischen Bogen durchbrechen.”
Eine weitere Überraschung war die zeitliche Bündelung der untersuchten Erdbeben: “Wir entdeckten auch, dass – im Gegensatz zu den meisten Subduktionszonen auf der Erde – die starken Erdbeben in zeitlicher Häufung auftraten,“ erklärt GFZ-Forscherin Mouslopoulou. “Unsere Daten zeigen, dass die meisten der Paläo-Erdbeben in einer Zeitspanne von 10.000 Jahren stattfanden, während es auch Perioden von bis zu 20.000 Jahren mit relativer seismischer Ruhe gab.” Wenn man die seismische Aktivität über die vergangenen 50.000 Jahre mittelt, brach beispielsweise die Störungszone unter West-Kreta anscheinend alle 4.500 Jahre, mit Abständen von 1.500 Jahren im Zeitraum von 5.000 bis 20.000 Jahren vor heute, und überhaupt nicht im Zeitraum von 0 bis 3000 Jahre v.Chr. Ähnliches gilt auch für die anderen beiden seismischen Zonen.
Damit ist die Berechnung der Wiederholungszeiten starker Erdbeben aufgrund der hohen Variabilität im Auftreten im östlichen Mittelmeerraum eine große Herausforderung. Während der Hellenische Bogen zur Zeit eine Phase relativer seismischer Ruhe durchläuft, müssen schwere Erdbeben dennoch unter West- und Ost-Kreta erwartet werden. Die Schwankungen in den Wiederholungsintervallen bringen aber mit sich, dass die genauere zeitliche Eingrenzung dieser Ereignisse sehr schwierig ist. Jedenfalls müssen Vorbeugungsmaßnahmen wie Tsunami-Frühwarnsysteme und erdbebensicheres Bauen die erhöhte Gefährdungsberechnung berücksichtigen.
Quelle: GFZ Helmholtz-Zentrum Potsdam