Super- Vulkan kann alleine durch Auftriebskraft explodieren
Wie Super- Vulkane aktiv werden, war bis anhin nicht geklärt. ETH-Geologen haben nun gezeigt, dass alleine der durch Dichte- Unterschiede zwischen Magma und dem umgebenden Gestein erzeugte Druck ausreichen kann, um derartige Giganten zum Ausbruch zu bringen.
Super- Vulkane sind keine Vulkane wie man sie kennt. Indem sie nicht „ausbrechen“, sondern richtiggehend explodieren, hinterlassen sie anstatt eines Vulkankegels ein riesiges Loch in der Erdkruste, eine Caldera, deren Durchmesser bis zu hundert Kilometer betragen kann. Im Schnitt sind Super- Vulkane seltener als alle 100’000 Jahre aktiv; in historischer Zeit war keiner aktiv. Daher können sich Forscher nur anhand der überlieferten Asche- und Gesteinsschichten ein vages Bild von diesen Ereignissen machen.
Ein Forscherteam unter Leitung der ETH-Professorin Carmen Sanchez-Valle hat nun einen Auslöser für Supereruptionen identifiziert. Es bestimmte experimentell die Dichte des Magmas von Super- Vulkanen. So konnte es nachweisen, dass der durch Dichteunterschiede in der Magmakammer verursachte Überdruck eine Supereruption auslösen kann. Die Magmakammer ist die mit Magma gefüllte Kammer in der Erdkruste unterhalb des Vulkans. Die neuen Erkenntnisse könnten helfen, „schlafende“ Super- Vulkane besser einzuschätzen, etwa wie schnell ihr Magma die Erdkruste durchdringen und an die Oberfläche gelangen kann.
Zu grosse Magmakammer
Bekannte Super- Vulkane sind die Yellowstone-Caldera in den USA, der Toba-See in Indonesien und der Taupo-See in Neuseeland. Aber auch die im Vergleich eher kleinen Phlegräischen Felder bei Neapel zählen zu den rund 20 bisher bekannten Super- Vulkanen der Erde.
Dass der Ausbruch von Super- Vulkanen – wie es auch bei konventionellen Vulkanen der Fall ist – nicht alleine durch Überdruck aufgrund nachfliessenden Magmas in die Magmakammer ausgelöst wird, war schon seit Langem klar. Die Magmakammer eines Supervulkans kann mehrere Kilometer dick und bis zu hundert Kilometer breit sein. Sie ist deshalb viel zu gross, um durch Magma-Nachschub ausreichend Überdruck zu erhalten.
Über den Trigger einer Supereruption konnte bis anhin nur spekuliert werden. Einen möglichen Mechanismus sah man darin, dass der Überdruck in der Magmakammer durch Dichteunterschiede zwischen dem weniger dichten geschmolzenen Magma und dem vergleichsweise dichteren festen Gestein in der Umgebung erzeugt wird. „Der Effekt ist vergleichbar mit dem Auftrieb eines mit Luft gefüllten Fussball unter Wasser, der durch das schwerere umgebende Wasser nach oben gedrückt wird“, sagt Wim Malfait, Erstautor der Studie, bis vor kurzem noch an der ETH Zürich und nun Forscher an der Empa.
Damit das Magma das Krustengestein über der Magmakammer durchschlagen und sich einen Weg an die Oberfläche bahnen kann, braucht es einen Druck, der 100 bis 400 Mal höher ist als der Luftdruck (10 bis 40 Megapascal). Um zu ermitteln, ob die Dichteunterschiede einen derart hohen Druck erzeugen können, müssen die Dichte der Magmaschmelze und des umgebenden Gesteins bekannt sein. Die der Magmaschmelze konnte bis anhin jedoch nicht direkt gemessen werden.
Erstmals Dichte des Magmas bestimmt
Den Forschern um Malfait gelang nun erstmals die Dichtebestimmung des Magmas von Super- Vulkanen mit Hilfe von Röntgenstrahlen der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble. Mit ihnen untersuchten sie künstlich hergestellte Magmaschmelzen bei unterschiedlichen Druck- und Temperaturbedingungen. Sowohl Schmelze als auch Druck und Temperatur entsprachen laut den Wissenschaftlern den natürlichen Gegebenheiten eines Supervulkans. Zudem variierten die Forscher den Wassergehalt der Schmelze. Über die verschiedenen Parameter formulierten sie mathematische Gleichungen, mit denen es ihnen gelang, die Gegebenheiten in einem Supervulkan zu modellieren.
„Die Ergebnisse zeigen, dass bei einer ausreichenden Grösse der Magmakammer alleine der durch Dichteunterschiede verursachte Überdruck genügt, um die darüber liegende Kruste zu durchbrechen und eine Eruption in Gang zu setzen“, sagt Sanchez-Valle. Mechanismen, die herkömmliche Vulkanausbrüche begünstigten, wie etwa Sättigung des Magmas mit Wasserdampf oder tektonische Spannungen, könnten zwar auch ihren Beitrag leisten, seien aber nicht erforderlich, um eine Supereruption in Gang zu setzen, betonen die Forscher in der Studie, die in „Nature Geoscience“ publiziert wurde.
Super- Vulkane gelten als eine ernsthafte wenn auch seltene Bedrohung. Da sie durch ihr untypisches Aussehen nicht leicht zu erkennen sind, werden auch heute noch neue entdeckt. Supervulkan-Eruptionen fördern in der Regel mindestens 450, nicht selten sogar mehrere 1000 Kubikkilometer Gesteinsmaterial und Asche an die Oberfläche und in die Atmosphäre. Asche und Gesteinsfragmente mit ihren umweltschädigenden chemischen Bestandteilen können bei den explosionsartigen Ausbrüchen bis über 30 Kilometer hoch in die Atmosphäre steigen und verheerende Auswirkungen für Klima und Leben auf der Erde haben. Die spektakulären und folgenschweren Ausbrüche des Krakatau (1883) und Tambora (1815), beides konventionelle Vulkane im heutigen Indonesien, sind vergleichsweise „harmlos“ und ihre Auswurfsmassen betragen nur wenige Prozent einer Supereruption.
Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)