Sommer, Sonne und Meer – wird für an Schmetterlingsflechte Erkrankte häufig zur Plage
Sommer, Sonne und Meer – wovon die meisten träumen, wird für an Schmetterlingsflechte Erkrankte nach dem Urlaub häufig zur Plage. Durch den UV-Anteil im Sonnenlicht kommt es bei den Betroffenen zu starken Entzündungen und Rötungen der Haut. Wissenschaftler des Bonner Universitätsklinikums konnten nun zeigen, welche Signalwege des Immunsystems durch eine sonnenbedingte Schädigung der Erbsubstanz zu den Krankheitssymptomen führen. Die Ergebnisse sind nun vorab online im Fachjournal „Immunity“ veröffentlicht.
Bei der Schmetterlingsflechte mit dem wissenschaftlichen Namen Lupus erythematodes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem irrtümlich körpereigenes Gewebe als zu bekämpfenden Fremdkörper angreift. Anders als bei Gesunden, die sich nach einem Sonnenbad höchstens einen vorübergehenden Sonnenbrand holen, entstehen bei den Betroffenen deutliche Rötungen und Entzündungen auf den bestrahlten Hautpartien. Immunologen des Universitätsklinikums Bonn konnten unter Beteiligung der Dermatologie-Professoren Dr. Thomas Tüting und Dr. Jörg Wenzel nun entschlüsseln, welche Mechanismen die Schmetterlingsflechte auslösen. „Wir haben gezeigt, wie der UV-Anteil in der Sonnenstrahlung zur Schädigung des Erbguts in den Zellen und dadurch zu einer Alarmierung des Immunsystems führt“, berichtet Dr. Winfried Barchet, Leiter der Emmy Noether-Gruppe „Immunerkennung viraler Nukleinsäuren“ am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie des Universitätsklinikums Bonn.
Die energiereiche UV-Strahlung schädigt die DNA im Kern der lebenden Zellen. Daraufhin gehen die Zellen zugrunde und setzen die defekte DNA frei. Dies setzt bei Lupus-Patienten eine fatale Signalkette in Gang: „Das angeborene Immunsystem erkennt normalerweise infektiöse Viren an ihren Nukleinsäuren. Hier wird es aber irrtümlich durch den Crash in der menschlichen DNA in einen Alarmzustand versetzt“, berichtet Dr. Barchet. Die Mehrzahl der Rezeptoren, die virale Nukleinsäuren erkennen können und in der Folge über Entzündungsprozesse eine Abwehrreaktion in Gang setzen, sind inzwischen bekannt.
„Nach unseren Ergebnissen kommt bei der Vermittlung der für Lupus typischen Symptome dem erst vor wenigen Monaten neu entdeckten Immunrezeptor cGAMP-Synthase (cGAS) eine entscheidende Rolle zu“, sagt Dr. Barchet. Aus Körperzellen freigesetzte DNA wird von Immunzellen aufgenommen und dort normalerweise durch das Enzym TREX1 abgebaut. Ist die Erbsubstanz jedoch durch UV-Strahlung geschädigt, wird nach den Erkenntnissen der Bonner Forscher TREX1 unwirksam. Die geschädigte DNA bleibt zurück und aktiviert nun den Signalweg über den cGAS-Rezeptor – das Immunsystem wird fehlalarmiert.
Dies wiesen die Forscher unter anderem in Experimenten mit Mäusen nach, die aufgrund eines Gendefektes zur Ausbildung einer dem Lupus erythematodes ähnlichen Erkrankung neigen. Injizierten die Immunologen den Nagern durch UV-Licht geschädigte DNA unter die Haut, löste dies bei den Tieren die typischen Symptome der Schmetterlingsflechte aus: Die Hautpartien schwollen an, entzündeten sich, Immunzellen wanderten ein und griffen das Gewebe an. Spritzten die Wissenschaftler dagegen intakte DNA in die Mäusehaut, erfolgte keine Reaktion.
Potenzieller Ansatzpunkt für neue Therapien
„Mit dieser Signalkette lässt sich erklären, warum UV-Licht beim Lupus erythematodes Hautschäden auslösen kann“, sagt der Forscher des Bonner Universitätsklinikums. Die Ergebnisse lenkten bei der Erforschung dieser Autoimmunerkrankung die Aufmerksamkeit erstmals auf den cGAS-Rezeptor. Dr. Barchet sieht damit auch potenzielle Ansatzpunkte für neue Therapien der Schmetterlingsflechte: „Wenn es gelingen würde, einen geeigneten Hemmstoff für diese Signalkette zu entwickeln, könnten die vom Sonnenlicht abhängigen Symptome der Erkrankung vielleicht unterdrückt werden.“ Es besteht auch weiterer Untersuchungsbedarf in der Grundlagenforschung. „Es bleibt noch ein Rätsel, warum das Immunsystem diesen potentiell so gefährlichen Mechanismus unterhält. Er muss beim Gesunden eine wichtige Funktion für die Abwehr von Krankheitserregern haben, die wir sehr gerne verstehen würden“, sagt der Wissenschaftler des Bonner Universitätsklinikums.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn