Klimawandel: Wo die Folgen für die Menschen spürbar werden
Auf der Erde lebt jeder zehnte Mensch an einem Ort, der bis zum Ende des Jahrhunderts zu einem der Brennpunkte der Folgen ungebremster globaler Erwärmung werden kann. Dabei geht es um das Zusammenwirken von Folgen des Klimawandels für Ernten, Ökosysteme, Gesundheit und für die Verfügbarkeit von Wasser.
Veränderungen in mehrerer dieser Sektoren sind in der Amazonas-Region, im Mittelmeer-Raum und in Ost-Afrika zu erwarten, so zeigt eine jetzt online in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erscheinende Studie. In einem extremeren Szenario wären noch deutlich mehr Menschen betroffen.
Der Artikel gehört zu den Ergebnissen des Intersectoral Impact Model Intercomparison Project (ISI-MIP), die von PNAS in diesem Jahr in einer Sonderausgabe präsentiert werden.
Zum ersten Mal werden mit dieser Studie sektor-übergreifende Brennpunkte ermittelt, gestützt auf einen umfassenden Satz von Computer-Simulationen sowohl zum Klimawandel als auch zu dessen Folgen. Modellierungsgruppen aus aller Welt haben unter dem Dach von ISI-MIP zusammengearbeitet, um schlüssige Daten zu ermitteln. Dies ist eine so nie dagewesene gemeinsame Anstrengung der Klimafolgenforscher weltweit, um die Risiken zu erhellen, auf welche die Menschheit sich zubewegt. Ziel ist, eine neues Fundament zu schaffen für künftige Analysen der Folgen globaler Erwärmung.
„Wir haben etwa auf die Verfügbarkeit von Wasser in den vergangenen dreißig Jahren geschaut“, erklärt Ko-Autor Qiuhong Tang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. „Wir haben als Grenze die Verfügbarkeit von Wasser genommen, die nur in den drei trockensten Jahren unterschritten wurde. Wenn nun die durchschnittliche Verfügbarkeit von Wasser in unseren Projektionen im Zusammenhang mit dem Klimawandel unter diese Grenze fällt, so sehen wir das als ernste Veränderung. Was heute ein Extrem ist, könnte morgen die neue Normalität sein.“ Das gelte etwa für den Mittelmeer-Raum.
Das Verwenden mehrerer verschiedener Modelle des Klimawandels und seiner Folgen führt dazu – auch wenn dies zunächst als ein Widerspruch in sich erscheint –, dass sowohl die Robustheit als auch die Streubreite der Ergebnisse zunimmt. „Wir bekommen eine größere Breite von Aussagen zum Beispiel zu künftigen Ernte-Erträgen, wenn wir die in den verschiedenen Modellen enthaltenen Annahmen berücksichtigen“, sagt Ko-Autor Alex C. Ruane vom NASA Goddard Institut. „Aber Regionen, für welche die verschiedenen Modelle stark übereinstimmende Ergebnisse zeigen, sind mit größerer Sicherheit Brennpunkte als Regionen, die mit nur einem Modell und all den in ihm enthaltenen Annahmen ermittelt wurden.“ Der breitere Ansatz bietet eine Grundlage für Risiko-Management. „In den Brennpunkt-Regionen Afrikas zum Beispiel könnten sogar relativ geringe Veränderungen der Temperatur zu zusätzlichen Ernte-Verlusten führen, die Kleinbauern einfach nicht verkraften.“
Die Studie folgt einem konservativen Ansatz bei der Betrachtung der Übereinstimmung der Ergebnisse der unterschiedlichen Modellierungen. In einem Worst Case-Szenario wurden zusätzlich die 10 Prozent der Computer-Simulationen betrachtet, welche die stärksten Ausschläge aufwiesen. Hier zeigt sich, dass möglicherweise fast die ganze von Menschen bewohnte Erdoberfläche von Veränderungen in mehreren Sektoren betroffen sein könnte.
Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung