Zum ersten Mal Spin-Quantensprünge eines einzelnen Protons nachgewiesen
Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Helmholtz-Instituts Mainz (HIM) ist gemeinsam mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung Darmstadt der erstmalige Nachweis von Spin-Quantensprüngen eines einzelnen Protons gelungen. Mit diesem extrem schwierigen Nachweis haben sie die Forscherkonkurrenz der Eliteuniversität Harvard hinter sich gelassen und weltweit die Führung auf diesem Feld übernommen. Das Ergebnis ist ein bahnbrechender Erfolg für die angestrebte Hochpräzisionsmessung der magnetischen Eigenschaften des Protons. Das Messprinzip basiert auf der Beobachtung eines einzelnen Protons, das in einer elektromagnetischen Teilchenfalle gespeichert ist. Das gleiche Prinzip könnte ebenso auf ein einzelnes Antiproton angewendet werden und stellt damit eine Perspektive in Aussicht, die Frage des Materie-Antimaterie-Ungleichgewichts im Universum zu lösen. Die genaue Erforschung von Antimaterie ist deshalb so wichtig, um zu verstehen, warum sich nach dem Urknall Materie und Antimaterie nicht vollständig gegenseitig vernichtet haben letztendlich also, warum das Universum überhaupt entstehen konnte.
Das Proton besitzt, wie andere Teilchen auch, eine Art Eigendrehimpuls, den Spin. Es ist mit einem winzigen Stabmagneten vergleichbar: ein Spin-Quantensprung entspricht dem Umklappen der Magnetpole. Der Nachweis des Protonenspins ist allerdings eine grosse Herausforderung. Während beim Elektron und seinem Antiteilchen, dem Positron, bereits in den 1980er Jahren die magnetischen Momente gemessen und verglichen wurden, ist dies bei einem Proton bislang nicht gelungen. Das magnetische Moment des Protons ist schon lange bekannt. Bisher ist es jedoch nie gelungen, es direkt an einem einzelnen Proton zu beobachten, sondern nur an Teilchenensembles , sagt Stefan Ulmer aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen Walz am Institut für Physik und am neuen Helmholtz-Institut Mainz.
Die besondere Schwierigkeit liegt darin, dass das magnetische Moment des Protons etwa 660-mal kleiner ist als das des Elektrons. Das Mess-Signal ist also wesentlich geringer. Die Forscherkollaboration hat in fünfjährigen Vorarbeiten ein Präzisionsexperiment entwickelt, das nun die Feuerprobe bestanden hat. Der erste Nachweis der Spin-Richtung eines Protons ist in unserer Falle gelungen , freut sich Ulmer, der Stipendiat der International Max Planck Research School Quantum Dynamics in Heidelberg ist.
Damit ist der Weg frei für direkte Hochpräzisionsmessungen des magnetischen Moments sowohl eines Protons als auch eines Antiprotons – Letzteres dann voraussichtlich am CERN, dem europäischen Labor für Teilchenphysik in Genf, oder bei FLAIR/GSI in Darmstadt. Das magnetische Moment des Antiprotons ist gegenwärtig lediglich auf drei Nachkommastellen bekannt. Die in den Mainzer Labors angewandte Messmethode sollte eine Verbesserung der Messgenauigkeit um eine Million ermöglichen und würde einen hochempfindlichen Test der CPT-Symmetrie darstellen, welche für das physikalische Weltbild fundamental ist. Die erstmalige Beobachtung von Spin-Quantensprüngen eines einzelnen Protons ist der grßte Durchbruch auf dem Weg zu diesem Ziel.
Die Materie-Antimaterie-Symmetrie ist einer der wichtigsten Grundpfeiler des Standardmodels der Elementarteilchenphysik. Nach diesem Modell verhalten sich Teilchen und Antiteilchen nach simultaner Anwendung von Ladungsumkehr, Ortsspiegelung und Zeitumkehr – als CPT-Transformation bezeichnet – identisch. Hochpräzisionsvergleiche der fundamentalen Eigenschaften von Teilchen und Antiteilchen ermöglichen den empfindlichen Test dieses Symmetrieverhaltens und geben Hinweise auf eine Physik jenseits des Standardmodels. Die Messung einer Abweichung der magnetischen Momente von Proton und Antiproton würde das Fenster zu dieser neuen Physik öffnen.
Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz