Ministerin Özkan informiert sich in der MHH über EHEC-Infektionen
Die Zahl der in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) behandelten Patienten, die sich mit EHEC infiziert haben, steigt weiter. Aktuell versorgt die Hochschule 47 Patientinnen und Patienten darunter neun Kinder. Fast alle haben als Komplikation das Hämolytisch-Urämische Syndrom (HUS) entwickelt. Elf Erwachsene und zwei Kinder müssen intensivmedizinisch betreut werden (Stand: Montag, 30. Mai, 13 Uhr), drei weitere Patienten übernimmt die MHH im Laufe des Tages von anderen Kliniken aus dem norddeutschen Raum.
Derzeit befindet sich keiner der Patienten in Lebensgefahr. Die MHH steht als Klinik der Supramaximalversorgung rund um die Uhr für jeden Patienten bereit , betonte MHH-Vizepräsident Dr. Andreas Tecklenburg, zuständig für das Ressort Krankenversorgung, am Montag während einer Pressekonferenz. Wir verfügen nach wie vor über ausreichende Kapazitäten, um jederzeit weitere Patienten zu versorgen. Niedersachsens Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, Aygül Özkan, hatte sich zuvor in der MHH ein Bild von der Lage gemacht und lobte das Engagement der Ärzte und Pflegekräfte. Die Mitarbeiterinnen der Intensivstationen, der Normal- und Dialysestation der Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen sind seit Tagen rund um die Uhr im Einsatz.
Die ersten Patienten mit den Symptomen der EHEC-Erkrankung wurden am Donnerstag, 19. Mai, stationär aufgenommen. Beginnend mit schweren Bauchschmerzen und blutigen Durchfällen hat sich der Krankheitszustand bei diesen Patienten mit Nierenversagen und neurologischen Symptomen verschlimmert. Diese Patienten leiden unter der schwersten Komplikation der EHEC-Infektion, dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS). Die Patienten müssen wegen der Niereninsuffizienz mit Blutwäsche behandelt werden. Um die Giftstoffe aus dem Körper zu entfernen und vor allem um die akute Entzündung in den Gefässen zu bekämpfen, wird ausserdem ein regelmässiger Austausch des Blutplasmas bei den Patienten vorgenommen. Durch diese sogenannte Plasmapherese werden täglich die Entzündungsstoffe aus dem Blut entfernt.
Für die akute Behandlung dieser Gefässentzündung ist ein neuartiges Medikament, der sogenannte Antikörper Eculizumab, gegen das Komplementsystem entwickelt worden , berichtete Professor Dr. Hermann Haller, Direktor der MHH-Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen. Dieser Antikörper Eculizumab ist bereits bei Kindern mit EHEC-Infektionen und hämolytischem Syndrom eingesetzt worden. Auch Erwachsene haben diese Antikörper bei anderen chronischen Erkrankungen mit Gefässentzündungen bereits erhalten. Die Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen ist an solchen Studien bereits seit längerem beteiligt.
Im Rahmen der jetzt grassierenden EHEC-Epidemie setzen wir diesen Antikörper nun an der MHH bei Patienten mit schwerem Verlauf ein , erläutert Professor Haller. Zusammen mit den Zentren in Hamburg wurde ein Vorgehen beschlossen, bei dem nach erfolgloser Plasmapherese oder bei sehr schwerem Verlauf dieser Antikörper genutzt werden kann. Am Mittwoch, 25. Mai, wurden die ersten Patienten in der MHH damit behandelt. Bei diesen Patienten ist bereits ein therapeutischer Erfolg sichtbar. Allerdings ist die Behandlungsdauer noch zu kurz, um eindeutige Stellungsnahmen vorzunehmen , erläuterte Professor Haller. Es wird jetzt von der MHH zusammen mit der Gesellschaft für Nephrologie ein Konzept entwickelt, um den Erfolg dieser neuen Behandlungsmethode und alle Patienten in Deutschland, welche mit diesem Antikörper behandelt werden sollen, zu überwachen. Bislang wurden 18 Erwachsene und zwei Kinder mit dem Antikörper behandelt.
MHH-Vizepräsident Dr. Tecklenburg betonte, dass für derartige Heilversuche die Expertise der Hochschulmedizin zwingend notwendig ist. Die Anwendung der neuen Therapie müsse genauestens protokolliert und ausgewertet werden.
Quelle: Medizinische Hochschule Hannover (MHH)