Wachstum: Innere Uhr des Waldbaumes
Wann genau der richtige Zeitpunkt bei Waldbäumen gekommen ist, um auszutreiben, dies versuchen Forscher der Universität Basel herauszufinden. Die innere Uhr schützt die Waldbäume vor zu frühem Spriessen – z.B. bei zufällig warmem Februar- und Märzwetter. Im Gegensatz dazu verfügen ihre zumeist exotischen Kollegen in den Gärten und Parks sowie viele Wiesenpflanzen nicht über diese biologische „Versicherung“ und beginnen bei entsprechender Wärme zu blühen – mit oft fatalen Folgen. Damit weisen die Forscher die Annahme zurück, dass ein wärmeres Klima in jedem Fall die Vegetation im Frühjahr fördert, wie sie im heute erschienenen „Science“-Magazin schreiben.
Christian Körner und David Basler vom Botanischen Institut der Universität Basel zeigen in ihrem Artikel auf, dass es falsch ist anzunehmen, dass ein wärmeres Klima in jedem Fall die Entwicklung der Vegetation im Frühjahr fördert. Dieser falsche Eindruck ist weit verbreitet, da die meisten Leute Parkbäume, Obstbäume, Wiesen, Äcker oder ihren Garten mit lauter exotischen Arten oder Pioniergehölze wie Weiden und Haseln vor Augen haben, denen allesamt das biologische „Versicherungssystem“ fehlt, das die wichtigsten einheimischen Waldbäume davor schützt, sich von zufällig warmem Februar- oder Märzwetter zum falschen Zeitpunkt aus der Reserve locken zu lassen.
Eine Rotbuche hat einen sehr genauen astronomischen Kalender geerbt, der ihr sagt, ab welchem Kalenderdatum die Gefahr vorüber ist, dass ihr zarter Austrieb erfriert. Diese innere Uhr der Waldbäume ist genetisch verankert und wird zurzeit am Botanischen Institut an der Universität Basel erforscht. Die Arbeit ist ein Beitrag an das Nationale Forschungsprogramm Klima des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und wird von der privaten Velux-Stiftung gefördert. Im Science-Artikel weisen Christian Körner und David Basler auf die biologischen Grundlagen der jahreszeitlichen Baumentwicklung hin. Mit sogenannten „phänologischen“ Beobachtungsdaten, die im Zuge der Klimaerwärmung immer wichtiger werden, beschäftigen sich viele Klimaforschende, die von diesen biologischen Grundlagen oft nichts wissen und daher oft irreführende Schlüsse ziehen.
Unsere Waldbäume haben über viele Jahrtausende evolutiv „gelernt“, keinen „Falschmeldungen“ bzw. Kapriolen des Wetters zu erliegen. Ein wärmeres Klima bringt sie daher im Frühjahr aus dem Takt. Im Boden regt sich alles und Nährstoffe werden von Mikroorganismen bereit gestellt, aber der Baum „weiss“, die Zeit ist noch nicht reif und deshalb wartet er. Es dauert viele Baumgenerationen, bis Bäume sich einen neuen inneren Kalender zulegen. Die Schweiz mit ihren Bergwäldern bietet eine ideale Forschungsarena für diese Frage, da hier über kurze Distanz die Anpassung der Bäume an grosse Klimaunterschiede studiert werden kann.
Quelle: Universität Basel