Tiefseeforschung: Vulkane, die tief unter der Wasseröberfläche ausbrechen
Vulkanische Aktivität hat die Kapverdischen Inseln entstehen lassen. Die Kapverdischen Inseln sind eine Inselgruppe im Atlantik. Die vulkanische Aktivität hält dort bis heute an.
Zur Überraschung der Forscher des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) sahen Sie wie häufig und mit welcher Intensität dort Vulkane sogar tief unter der Wasseroberfläche ausbrechen. Diese Prozesse wurden von dem Forschungsschiff METEOR aus untersucht. Während der Expedition setzten die Wissenschaftler am Kieler Tiefseeroboter „ROV KIEL 6000“ erstmals auch eine Stereo-Kamera ein, die faszinierende 3-D-Bilder aus 3000 Metern Tiefe lieferte.
Die Koralle scheint aus dem Bildschirm zu wachsen, der erkaltete Lavastrom wirkt zum Greifen nah. Gestochen scharfe Stereobilder zeigen eine Welt, die für Menschen eigentlich unzugänglich ist: die Tiefsee rund um die Inselgruppe der Kapverden. Von Ende Dezember 2009 bis Anfang Februar 2010 haben Vulkanologen des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) dort vom Forschungsschiff METEOR aus die Entstehung und Entwicklung von Unterwasser-Vulkanen (Seamounts) untersucht. Als verlängerter Arm der Forscher am Meeresboden diente der kabelgesteuerte Tiefseeroboter ROV KIEL 6000. Neben den klassischen Foto- und Videokameras hatte er bei dieser Expedition eine neue Stereo-Kamera an Bord, die die faszinierenden Bilder vom Meeresgrund in drei Dimensionen lieferte. „Man bekommt einen ganz anderen, viel lebendigeren Eindruck von den Objekten, die man erforscht“, äussert sich Expeditionsleiter Dr. Thor Hansteen vom IFM-GEOMAR begeistert über die neue Technik.
Während der Reise haben die Kieler Vulkanologen die neun prominentesten Seamounts rund um die Kapverden untersucht. Drei junge Vulkane westlich und südwestlich der Kapverden wurden dabei erstmals direkt mit Hilfe des ROV KIEL 6000 beprobt und gefilmt. „Wir haben im Charles Darwin Vulkanfeld praktisch die Geburt einer Insel untersucht“, erklärt Dr. Hansteen, „zwei weitere Seamounts im Bereich Kapverden sind dagegen schon mehr als 1,5 km hoch gewachsen, und werden wahrscheinlich in ferner Zukunft die nächsten Kapverden-Inseln bilden“.
Bei den Untersuchungen stiessen die Wissenschaftler auf ein überraschendes Phänomen. Denn wegen des hohen Drucks tritt Lava in der Tiefsee üblicherweise ruhig aus dem Meeresboden aus. Jetzt fanden die Vulkanologen Hinweise, dass in der Umgebung der Kapverdischen Inseln trotz Wassertiefen von bis zu 3500 Metern explosive Vulkanausbrüche gang und gäbe sind. Dieser Prozess und seine Auswirkungen auf die Umwelt konnten erstmals in grßerem Massstab dokumentiert werden. Abseits der eigentlichen Vulkane wurden zudem aus Tiefsee-Sedimenten mehr als dreissig Aschenlagen von vergangenen Vulkanausbrüchen geborgen, die den Wissenschaftlern bisher zum grossen Teil unbekannt waren. „Die Aschelagen zeigen deutlich, dass auf den Kapverden in den vergangenen 300.000 Jahren mindestens alle 10.000 Jahre ein grosser explosiver Vulkanausbruch stattgefunden hat – viel häufiger als bisher angenommen“, sagt Dr. Hansteen.
Ein zweiter Höhepunkt der Expedition waren die beeindruckenden Stereophotographien vom Meeresboden. Hierfür ergänzte das Technikerteam des IFM-GEOMAR das komplexe System des Tauchroboters mit zwei synchronisierten Kameras in speziellen Tiefseegehäusen. „Wir haben das Stereoverfahren für das Kapverdenprojekt entwickelt. Schon nach dem ersten Tauchgang war klar, dass das System für die Wissenschaft nutzbar ist und uns viele Möglichkeiten eröffnet“, berichtet Hannes Huusmann vom ROV-Team des IFM-GEOMAR. Kurz nach der Rückkehr des Forscherteams wurde damit begonnen, die Stereobildpaare in detaillierte dreidimensionale Modelle des aufgenommenen Meeresbodens umzurechnen. „Auf diese Weise kann man in Zukunft nach einer Expedition vom heimischen Instituts-Schreibtisch aus virtuell zum untersuchten Vulkan zurückkehren. Man kann in Ruhe über ihm schweben, die Landschaft auf natürliche Art und Weise betrachten und auf sich wirken lassen, um grossräumige Zusammenhänge zu überblicken“, erklärt Huusmann das Potential der Technik. Auch an einer stereoskopischen Videovariante arbeite das Team bereits.
Quelle: Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel