Eisen als Düngemittel für die Meere?
Eine grossflächig angelegte Eisendüngung ist sehr umstritten, da deren Effizienz und mögliche Auswirkungen auf das Meeresökosystem noch wenig erforscht und daher sehr unsicher sind. Eisendüngung gilt als eine mögliche Massnahme des sogenannten Geoengineering, um mehr Kohlendioxid im Ozean zu binden und somit die Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels zu mildern. Eine interdisziplinäre Studie Kieler Wissenschaftler, die im Exzellenzcluster Ozean der Zukunft zusammenarbeiten, fordert die Forschungsarbeiten zur Eisendüngung fortzusetzen, um das Potential der Methode für das Geoengineering besser einschätzen zu können. Nach Ansicht der Forscher sind die dafür notwendigen Eisendüngungsexperimente sowohl unter völkerrechtlichen als auch naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten vertretbar.
Forschung zum Thema Eisendüngung ist nicht unumstritten. Aufgrund der möglichen Risiken, die eine Eisendüngung im grossen Stil für marine Ökosysteme haben könnte, stßt bereits die Erforschung solcher Düngungsmassnahmen im kleinen Massstab vielerorts auf Ablehnung. Eine Gruppe Kieler Wissenschaftler hat in einer interdisziplinären Studie die naturwissenschaftlichen, ökonomischen und juristischen Argumente zusammengetragen. Ihre als Arbeitspapier am Institut für Weltwirtschaft erschienene Studie Ocean Iron Fertilization: Why further research is needed € kommt zu dem Schluss, dass bislang weder naturwissenschaftliche noch ökonomische Kriterien dafür sprechen, die Eisendüngung von vorneherein als unterstützende Massnahme zum Klimaschutz auszuschliessen. Die Autoren weisen ferner darauf hin, dass auch aus juristischer Sicht ein Stopp der wissenschaftlichen Eisendüngungsexperimente nicht gerechtfertigt wäre. Im Gegenteil: entsprechende Forschungsaktivitäten sind im Rahmen der einschlägigen völkerrechtlichen Abkommen und vor dem Hintergrund des Vorsorgegrundsatzes zulässig.
Um die mit der Eisendüngung verbundenen ozeanischen Abläufe besser zu verstehen, sind nicht-kommerzielle Untersuchungen, die der Forschung dienen, weiterhin notwendig , erklärt Ko-Autor Prof. Dr. Andreas Oschlies vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Ansonsten würde die Eisendüngung als Geoengineeringmassnahme faktisch aus dem zukünftigen Vermeidungs- und Anpassungsportfolio ausgeschlossen. Die bisherigen Modellergebnisse und Experimente zeigen aber, dass Eisendüngung im südlichen Ozean zu einer signifikanten Steigerung des Kohlenstofftransports von der Meeresoberfläche in grßere Tiefen führen kann , so Prof. Oschlies. Aus ökonomischer Sicht ist damit die Eisendüngung effizienter als beispielsweise Massnahmen zur Aufforstung , argumentiert Dipl. Volksw. Wilfried Rickels vom Institut für Weltwirtschaft. Die geschätzten Kosten für Eisendüngung seien vergleichbar mit denjenigen von Aufforstungsmassnahmen, doch Eisendüngung könne mehr CO2-Zertifikate generieren, selbst wenn man grosszügige Abschläge für mögliche Leckage berücksichtige, so die Kieler Wirtschaftsforscher. Auch die Juristen geben grünes Licht für die weitere Erforschung der Eisendüngung. Aus der Perspektive des internationalen Rechts zeigen die relevanten Abkommen in Bezug auf den Schutz des Meeres, dass Eisendüngungsexperimente rechtmässig sind, solange sie als legitime wissenschaftliche Forschung qualifiziert werden können , erläutert Prof. Dr. Alexander Proelss vom Walther Schücking Institut für Internationales Recht. Insbesondere eine sachgerechte Anwendung des Vorsorgeprinzips mache es erforderlich, den Risiken für das Meeresökosystem den möglichen Nutzen für das Klima gegenüberzustellen , so Proelss weiter. Da wissenschaftliche Eisendüngungsexperimente mögliche negative Auswirkungen auf ein relativ kleines Gebiet beschränken, sollte eben diese Forschung erlaubt sein, um das Potential dieser Massnahme zu untersuchen, und sie dann entweder zu verwerfen oder in zukünftigen Klimaschutzmassnahmen einzubinden.
Quelle: IFM-GEOMAR