Brennende Regenwälder setzen massiv Treibhausgase frei, die zur Erderwärmung beitragen
Torfgebiete, vor allem in den tropischen Regionen der Erde, sind gigantische Kohlenstoffspeicher. Menschliche Einflüsse führen jedoch unter anderem zur Entwässerung dieser Moore, was in Kombination mit klimatisch bedingten Trockenperioden zu ausgedehnten Bränden führen kann. Dadurch aber werden ungeheure Mengen Kohlendioxid (CO2) frei, das als Treibhausgas zur Klimaerwärmung beiträgt.
Mittels lasergestützter Messungen konnte das Team um den LMU-Forscher Professor Florian Siegert jetzt das verbrannte Torfvolumen weitaus genauer bestimmen als dies bisher möglich war. Die neuen Hochrechnungen zeigen, dass im Jahr 2006 durch Torffeuer in Indonesien bis zu 900 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt wurden. Das ist mehr als die gesamten CO2-Emissionen Deutschlands im selben Jahr – und entspricht etwa 16 Prozent aller Emissionen durch Entwaldung weltweit. „Unsere Arbeit unterstreicht einmal mehr, welch entscheidende Rolle die hoch gefährdeten tropischen Torfökosysteme im Kontext der Klimaerwärmung spielen“, sagt Siegert. „Sie liefert aber auch wichtige Daten für die bevorstehende Weltklimakonferenz in Kopenhagen. Denn dort werden unter anderem Programme verhandelt, die finanzielle und andere Anreize zum Schutz tropischer Torfsumpfwälder und deren riesiger Kohlenstoffspeicher liefern sollen. (PNAS online, 26. November 2009).
Über Jahrmillionen kann sich Pflanzenmaterial in Kohle umwandeln. In Mooren aber entsteht in einem ersten Zersetzungsschritt Torf. Dieses organische Material ist brennbar und wird daher in Europa auch als Heizmaterial abgebaut. Als stark verdichtete pflanzliche Substanz ist Torf aber auch ein wichtiger Speicher von Kohlenstoff in Bodennähe. „Es wird geschätzt, dass sich die Torfgebiete in den Tropen über 30 bis 45 Millionen Hektar erstrecken“, sagt Professor Florian Siegert vom GeoBio-Center der LMU München. „Das entspricht rund zehn Prozent der globalen Vorkommen und macht die tropischen Torfgebiete zu einem der grßten oberflächennahen Speicher für organischen Kohlenstoff.“ Dabei findet sich etwa die Hälfte dieser Torfgebiete in nur einem Land: Indonesien.
Einige der küstennahen Torfgebiete auf Borneo etwa sind vor über 20.000 Jahren entstanden. Hier haben sich – wie meist bei tropischen Torfgebieten – bis zu 20 Meter dicke, konvex geformte Torfdome gebildet. Sie dienen als Untergrund für Torfsumpfwälder und verfügen über eine ungeheure Kapazität zur Speicherung von Kohlenstoff: Alleine der Kohlenstoffgehalt in den indonesischen Torfgebieten wird auf mehr als 50 Gigatonnen geschätzt. Doch die Torfgebiete sind gefährdet. Naturbelassen sind sie schlichtweg zu feucht, um zu brennen. Vor allem die Entwässerung und die Entwaldung aber stören ihr ökologisches Gleichgewicht und machen sie anfällig für Feuer, das fast immer menschlichen Ursprungs ist. So nutzen private Firmen die Brände, um den Wald in grossem Massstab für Ölpalmen- oder Papierholzplantagen zu roden.
Die Brände aber sind doppelt gefährlich: Sie setzen im Rauch gigantische Mengen an Aerosolen und schädlichen Gasen frei, die in einigen Gebieten Südostasiens massive Gesundheitsprobleme verursachen. Zudem aber wird der gebundene Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid abgegeben, also als Treibhausgas, das zur Erderwärmung beiträgt. Das Problem verschärft sich dadurch, dass klimatisch bedingte Trockenperioden die Brennbarkeit des Torfes erhöhen. So wurden alleine in den indonesischen Torfgebieten während der El Niño-Trockenperiode von 1997/98 bis zu 2,57 Gigatonnen Kohlenstoff freigesetzt. „Die Schätzungen schwanken hier erheblich“, berichtet Siegert. „Man geht aber davon aus, dass das mindestens 13 Prozent, wenn nicht bis zu 40 Prozent der gesamten Emissionen durch das Verbrennen fossiler Energieträger in dieser Zeit entsprechen könnte. Diese riesigen Mengen an freigesetztem Kohlenstoff tragen signifikant zur Erderwärmung bei.“
Mit einer neuen Methode haben die Forscher aus München jetzt gemessen, wieviel einer Torfschicht durch ein Feuer verbrannt ist, denn nur so kann die Menge des freigesetzten Kohlendioxids verlässlich geschätzt werden. Weil die Torfgebiete kaum zugänglich sind, haben Siegert und sein Team vom Hubschrauber aus mit einem Laserscanner (LIDAR, „Light Detection and Ranging“) gearbeitet. Laserscanner senden hochfrequente optische Signale aus, deren Echo aufgezeichnet wird – und auf Zentimeter genau die Oberflächenhöhen bestimmen lässt. „So konnten wir zeigen, dass die verheerenden Torffeuer im Jahr 2006 eine durchschnittliche Brandtiefe von etwa 0,3 Metern verursachten“, so Siegert. Diese und andere Daten führten zu der Schätzung, dass im 2,79 Millionen Hektar grossen Studiengebiet – was in etwa Brandenburg entspricht – wohl mehr als 180 Millionen Tonnen CO2 emittiert wurden. Das entspricht etwa 20 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland.
„Diese gewaltigen Emissionen stammen von nur rund 13 Prozent der indonesischen Torfgebiete“, betont Siegert. Daher wurden die Emissionen des Jahres 2006, einem Jahr in dem aufgrund eines schwachen El Niño weniger Regen fiel, für ganz Indonesien hochgerechnet. Demzufolge wurden durch Torffeuer in Indonesien bis zu 900 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt. Das entspricht mehr als den gesamten CO2-Emissionen Deutschlands im Jahr 2006 oder rund 16 Prozent aller Emissionen durch Entwaldung weltweit. Indonesien gilt alleine wegen der regelmässig wiederkehrenden gewaltigen Waldbrände als einer der weltweit grßten Kohlenstoffemittenten, was durch die neuen, genaueren Daten nun bestätigt wurde. Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der Torffeuer für die Erderwärmung. Noch aber wird diese wichtige Kohlenstoffemissionsquelle weder in den Zahlen des Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC, „Intergovernmental Panel on Climate Change“) noch in regionalen und globalen Klimavorhersagemodellen berücksichtigt.
Die meisten Studien bezüglich der Landnutzungsänderungen und des Klimawandels beziehen sich nur auf die Biomasse des Waldes. Die neuen Ergebnisse zeigen aber einmal mehr, wie wichtig es ist, künftig auch die im Boden gespeicherte Biomasse in diese Modelle einzubeziehen. Der Kohlenstoffgehalt der Torfschichten ist abhängig von deren Dicke und kann bis zu 20 Mal höher sein als der im Wald selbst gespeicherte Kohlenstoff. „Der steigende Bedarf an Palmöl, eingeleitet durch die Nachfrage nach günstigen Biokraftstoffen, wird diese Situation ernsthaft verschärfen, wie die erneuten Brände dieses Jahres gezeigt haben“, berichtet Siegert. „Dies sollte auch Auswirkungen auf die europäische Politik in Bezug auf die erneuerbaren Energien haben. Auch in Kopenhagen werden Programme diskutiert werden wie etwa REDD, kurz für ‚Reduced Emissions from Deforestation and Degradation in developing countries‘, das finanzielle Anreize schaffen könnte, die tropischen Torfsumpfwälder und deren riesige Kohlenstoffspeicher zu schützen.“
Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München