Viraler Bioindikator – Novum im Bereich der angewandten Hygiene
Zur Desinfektion gibt es viele unterschiedliche Desinfektionsmittel am Markt. Je nach ihrem Einsatzort wird zwischen Händedesinfektionsmitteln, Flächendesinfektionsmitteln und Instrumentendesinfektionsmitteln unterschieden. Die Desinfektion macht einen nicht unwesentlichen Teil der antiseptischen Arbeitsweise aus. Laut der Definition des Deutschen Arzneibuchs (DAB) bedeutet das Wort Desinfektion: „Totes oder lebendes Material in einen Zustand versetzen, dass es nicht mehr infizieren kann“.
Das Institut für Hygiene und Biotechnologie (IHB) an den Hohenstein Instituten stellte im Mai 2009 erstmals eine neue Möglichkeit zur Überprüfung desinfizierender Waschverfahren auf ihre viruzide Wirksamkeit vor – einen viralen Bioindikator auf der Grundlage des Bakteriophagen MS2. Durch die weitere Modifizierung dieser Prüfmethode und ihrer Erprobung anhand eines marktüblichen, gelisteten Verfahrens in einem Wäschereibetrieb ist den Hohensteiner Forschern nun der Nachweis gelungen, dass sich die viralen Bionindikatoren nicht nur in praxisnahen Waschversuchen, sondern auch unter konkreten Praxisbedingungen für eine objektive Beurteilung der virusabtötenden Wirkung von desinfizierenden Waschverfahren eignen.
Mit der neuen Testmethode bietet das IHB an den Hohenstein Instituten ab sofort ein effektives Instrument für die Qualitätssicherung in der Waschmittelindustrie sowie in Wäschereibetrieben an. Angesichts zunehmender Viruserkrankungen steht darüber hinaus auch ein wichtiger Baustein im Bereich der Gesundheitsvorsorge zur Verfügung. Damit ist der virale Bioindikator ein Novum im Bereich der angewandten Hygiene.
Bis heute existieren mangels geeigneter Prüfmethoden keinerlei Vorgaben für die Überwachung der Wirksamkeit desinfizierender Waschverfahren gegenüber Viren (Viruzidie) unter Praxisbedingungen. Analog zu den Standardmethoden der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) zur Beurteilung der bakteriziden Wirkung chemischer Desinfektionsverfahren hat das IHB im Mai erstmals Waschversuche mit Keimträgerläppchen durchgeführt, die mit dem Bakteriophagen MS2 (ein dem Norovirus vergleichbarer Erreger) beladen waren. Unter praxisnahen Laborbedingungen zeigte sich, dass die eingesetzten Bionindikatoren mit Bakterienviren wie MS2 geeignet sind, um desinfizierende Waschverfahren auf ihre virusabtötende Wirkung zu prüfen und diese zu belegen.
Der neue, von den Hohenstein Instituten weiter entwickelte Test ermöglichte in Anlehnung an die Richtlinie der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Instituts, Ziffern 4.4.3 und 6.4, nun sogar die Eignungsprüfung eines desinfizierenden Waschverfahrens unter Praxisbedingungen. Nach Abschluss dieser speziellen Eignungsprüfung, obliegt es der Fachärztin für Hygiene am IHB, die Wirksamkeit des desinfizierenden Waschverfahrens anzuerkennen.
Mit dem viralen Bioindikator kann also künftig, vergleichbar dem üblichen Verfahren zur Qualitätssicherung der Bakterizidie (Wirkungsbereich A), auch die Wiederaufbereitung von Wäsche im Wirkungsbereich B (wirksam gegen Viren) in der Praxis überprüft werden. Für den ersten Praxiseinsatz der viralen Bioindikatoren konnte der Waschmittelhersteller CHT R. Beitlich GmbH als Pilotkunde gewonnen werden. Die Waschversuche wurden in der Wäscherei der Firma Busch Textilservice GmbH & Co. KG in Bärenbach durchgeführt. In diesem Praxistest wurden Bioindikatoren in drei unabhängigen Waschgängen in der Waschstrasse eingesetzt. Parallel dazu wurden auch sämtliche Prozessparameter überwacht sowie Proben des Flottenwassers auf die Anwesenheit von Prüfviren untersucht. Die Versuche unter Praxisbedingungen mit dem RKI-gelisteten BEICLEAN HWA/BEIBLEACH WP35-Verfahren der Firma CHT R. Beitlich GmbH erzielten hygienisch einwandfreie Ergebnisse. Die viruzide Wirksamkeit des gelisteten Verfahrens konnte daher im Praxistest bestätigt werden.
Quelle: Hohenstein Institute