Flughunde in Afrika verfrachten gefährliches Virus
Zu den gefährlichsten Krankheitserregern beim Menschen gehören die Henipaviren. Bisher waren sie nur in Australien und Asien bekannt. Einer aktuellen Studie der Universität Bonn zufolge könnten Henipaviren aber auch in Afrika für Gehirn- und Hirnhautentzündungen verantwortlich sein.
Die asiatischen Hendra- und Nipahviren (zusammengefasst: Henipaviren) werden in die höchste Risikogruppe 4 eingeordnet, zusammen mit dem Ebola-, Marburg- und Lassavirus. Beim Menschen verursachen sie eine Gehirnentzündung (Enzephalitis), die in vielen Fällen zum Tode führt. „Diese Viren sind erst seit gut zehn Jahren bekannt“, sagt Professor Dr. Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. „Weil man davon ausging, dass sie nur in Australien und Asien vorkommen, wurden Menschen in Afrika bisher noch nicht darauf getestet.“
Möglicherweise war das ein Fehler, wie die Entdeckung von Drostens Team im westafrikanischen Ghana nun zeigt. Denn Henipaviren haben einen viel grßeren geografischen Verbreitungsraum als gedacht. Zwar kommen in Afrika keine Fledermäuse der Gattun Pteropus vor, die die Viren in Asien übertragen. Dafür ist aber der Palmenflughund (Eidolon helvum) auf dem afrikanischen Kontinent weit verbreitet. Die vergleichsweise grossen, fruchtfressenden Fledermäuse hängen tagsüber in riesigen Kolonien von tausenden bis zu einer Million Exemplaren an Bäumen. Nachts machen sie sich auf Futtersuche. Dem Regen folgend, legen Palmenflughunde im Jahresverlauf bis zu 2.000 Kilometer zurück, um geeignete Nahrungsgründe zu erschliessen. Auf diesem Weg erfüllen die Tiere auch eine bedeutende ökologische Rolle bei der Verbreitung von Pflanzensamen.
Im Kot der Palmenflughunde haben die Bonner Forscher um Christian Drosten per Genanalyse Viren entdeckt, die den asiatischen Henipaviren verwandtschaftlich sehr nahe stehen. „Das ist ein frappierender Befund, wenn man bedenkt, wie weit verbreitet Eidolon helvum in Afrika ist“, meint Drostens Mitarbeiter Dr. Jan Felix Drexler. Dazu komme, dass in afrikanischen Grossstädten riesige Schwärme lebten und die Einwohner praktisch überall dem Kot ausgesetzt seien. „In der zweitgrßten ghanaischen Stadt Kumasi gibt es nach unserer Studie mindestens 300.000 Flughunde“, sagt Drexler. Doch noch ist überhaupt nicht klar, ob das afrikanische Virus auch auf den Menschen übertragen werden kann. „Angesichts der Gefährlichkeit der asiatischen Henipaviren müssen wir nun dringen eine Antwort auf diese Frage finden“, betont Drosten.
Das Forscherteam, zu dem auch Ghanaische Kollegen gehören, plant deshalb eine systematische epidemiologische Untersuchung von Menschen in Ghana. Weil bei vielen Gehirn- und Hirnhautentzündungen bei Menschen in Afrika keine Ursache gefunden wird, lohne es sich jetzt, Kranke mit bestimmten Symptomen speziell auf Infektionen mit dem Henipahvirus zu testen. Auch für Patienten nach einer Afrikareise ergäben sich neue Möglichkeiten der medizinischen Diagnostik.
Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn