Hyperaktivität und Zusatzstoffe: EFSA sieht Zusammenhang nicht bestätigt
(aid) 26.03.2008 – Das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, kurz ADS, ist eine der häufigsten psychischen Störungen im Kindesalter. Als mögliche Auslöser für das so genannte „Zappelphilipp-Syndrom“ werden auch Lebensmittelzusatzstoffe diskutiert. Für einen solchen Zusammenhang existiert jedoch nach wie vor kein eindeutiger Beleg, stellten jetzt die Wissenschaftler der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) fest. Sie nahmen die Ergebnisse einer Studie der Universität Southampton aus 2007 unter die Lupe. Die britischen Forscher hatten einen möglichen Zusammenhang zwischen sieben Lebensmittelzusatzstoffen und Verhaltensauffälligkeiten von Kindern entdeckt. Die Wissenschaftler der EFSA sehen dieses Ergebnis allerdings kritisch: „Wir erkennen zwar Hinweise, sehen den Zusammenhang aber nicht hinreichend bestätigt“, erläutert Dr. Rainer Gürtler, der als EFSA-Experte zuständig für Bewertungen von Zusatzstoffen in Europa ist. „Denn die Ergebnisse der Studie liefern kein einheitliches Bild. Bei manchen Kindern zeigten sich geringe negative Auswirkungen, bei anderen wiederum nicht. Die Bedeutung solch geringer Effekte für den Schulalltag ist nicht klar. Zudem stimmten die Beobachtungen von Eltern, Lehrern und externen Fachleuten nicht überein. Wir sehen in der Studie keinen in sich schlüssigen Beweis nach wissenschaftlichen Kriterien“, so Gürtler. Die Studie rechtfertige damit nicht, die akzeptablen täglichen Aufnahmemengen (ADI-Werte) für die sieben Lebensmittelzusatzstoffe zu ändern. Untersucht wurden die künstlichen Farbstoffe E 102, E 104, E 110, E 122, E 124 und E 129 sowie der Konservierungsstoff Natriumbenzoat E 211. Ob als mögliche Ursache für nervöses, überaktives und unkonzentriertes Verhalten von Kindern überhaupt die Ernährung verantwortlich ist, das wird von Wissenschaftlern skeptisch beurteilt. Vor allem erbliche, soziale und seelisch bedingte Ursachen scheinen nach aktuellen Erkenntnissen eine grosse Rolle zu spielen. Und das Fazit für Eltern und Verbraucher aus der jüngsten EFSA-Bewertung zur Rolle der Zusatzstoffe? Nach wie vor gilt: Im Rahmen einer vollwertigen und ausgewogenen Ernährung sind Lebensmittelzusatzstoffe unbedenklich. Doch bei einer einseitigen Ernährung, zum Beispiel mit hohem Konsum von Softdrinks in grell-bunten Farben, könnten vor allem Kleinkinder und jüngere Schüler die akzeptable tägliche Verzehrsmenge bei bestimmten Lebensmittelzusatzstoffen überschreiten. Auf welche Zusatzstoffe empfindliche Personen und Eltern von Kleinkindern achten sollten, darüber informiert das aid-Heft „Zusatzstoffe in Lebensmitteln“.
Quelle: aid, Claudia Dirschauer