NABU und EGE: Tausende Vögel sterben durch Stromschlag
Umrüstung vogelgefährlicher Strommasten verläuft schleppend
Berlin/Heimbach Die Umrüstung vogelgefährlicher Strommasten verläuft nach Beobachtungen des NABU und der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) nur schleppend. Besonders gefährdet sind vor allem die grossen Arten wie Eulen, Greifvögel und Störche. Immer noch sterben tausende Vögel an ungesicherten Mittelspannungsmasten durch Stromschlag. Deutschlandweit muss noch mindestens mit 350 000 gefährlichen Masten gerechnet werden, wie aus den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage der EGE hervorgeht. Aus Sicht der Verbände messen die Energiewirtschaft und Umweltminister dem Problem zu wenig Bedeutung bei, obwohl der Gesetzgeber bis 2012 die Umrüstung aller vogelgefährlichen Strommasten vorschreibt.
An bestimmten Konstruktionen von Mittelspannungsmasten können Vögel durch Berührung spannungsführender Teile Erd- oder Kurzschlüsse verursachen und tödlich verunglücken. Obwohl längst technische Lösungen für die vogelschutzkonforme Konstruktion neuer und das Nachrüsten alter Masten entwickelt wurden, gibt es noch gefährliche Mastkonstruktionen und Seilanordnungen von Mittelspannungsleitungen. Der im Jahr 2002 neu in das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommene Paragraf 53 Vogelschutz an Energiefreileitungen“ soll diese Gefahr bis 2012 für alle Vögel beseitigen.
Das Bundesnaturschutzgesetz nimmt zwar die Netzbetreiber in die Pflicht, doch auch die Politik darf sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen , sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Es bleibe Aufgabe der Naturschutzbehörden darauf hinzuwirken, dass die Vorschriften des Naturschutzrechts eingehalten werden. Dazu zähle auch der Paragraph 53.
Bezogen auf das Problem der Mittelspannungsmasten und der bis 2012 abzuschliessenden Nachrüstung sind es insbesondere die Länderumweltminister, die gegenüber den Netzbetreibern die Umsetzung einfordern und durchsetzen müssen. Dazu zählt die Mitarbeit an entsprechenden Aktionsplänen der Netzbetreiber ebenso wie die notwendige Erfolgskontrolle , sagte Stefan Brücher, Vorsitzender der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE).
Jetzt, nach rund der Hälfte der zehnjährigen Umsetzungsfrist, hat die EGE die Umweltminister der Länder nach dem Stand der Umrüstung vogelgefährlicher Masten befragt. Die Ergebnisse sind ernüchternd und belegen, dass die Entschärfung der Masten in den meisten Teilen Deutschlands noch sehr schleppend verläuft. Erst wenige Länder haben überhaupt schon eine annähernde Vorstellung von der Zahl ihrer noch umzurüstenden Masten. Da dürfte es schwer fallen, den Fortgang dieser Massnahmen zu beurteilen und wenn nötig auf die Durchsetzung der Pflichten gegenüber der Stromwirtschaft zu drängen. Einige wenige Länder haben sich auf Grund der Befragung um verlässliche Zahlen seitens der Energiewirtschaft bemüht, sie aber nicht in jedem Fall erhalten.
Das Resultat der Befragung mit mindestens 350 000 ungesicherten Mittelspannungsmasten deutschlandweit ist besonders unbefriedigend, weil sich die Netzbetreiber bereits Mitte der 80er Jahre zu einer Umrüstung gefährlicher Mittelspannungsmasten selbstverpflichtet hatten. Oftmals beschränken sich die Bemühungen der Länder auf EU-Vogelschutzgebiete oder den engeren Umkreis von Brutvorkommen besonders seltener Vogelarten. Damit blieben jedoch rund 90 Prozent des Bundesgebietes ausgespart.
Die Energiewirtschaft wiederum beschränkt ihre Bemühungen zu sehr auf die Masten, an denen Vögel verunglückt aufgefunden werden. Doch die meisten Stromopfer werden mangels Kontrolle gar nicht gefunden, so dass dabei allenfalls die Spitze des Problemberges erkennbar wird. Gesetzlich geschuldet ist eine systematische Kontrolle und planvolle Vorgehensweise der Netzbetreiber und insofern mehr als eine Umrüstung auf Zuruf im Falle belegter Totfunde. Dabei ist eine vorrangige Umrüstung in EU-Vogelschutzgebieten oder Lebensräumen hochgradig gefährdeter Arten sicherlich vernünftig, sie darf sich aber nicht auf diese beschränken, sondern muss bis 2012 flächendeckend abgeschlossen sein.
EGE und NABU erwarten, dass die Netzbetreiber der gesetzlichen Verpflichtung von sich aus nachkommen. Die hier anstehenden Naturschutzaufgaben werden jedoch bisher nicht genügend ernst genommen. Umso mehr kommt es auf eine wirksame Kontrolle der Vorschriften an. Sich in den Naturschutzbehörden auf das blosse Entgegennehmen von Meldungen über Stromopfer und die Weitergabe an die Stromwirtschaft zu beschränken, reicht offenkundig nicht aus, wie die Recherche der Verbände zeigt.
Quelle: Nabu