Gesünder Essen und mehr Bewegen kann nicht staatlich verordnet werden
(aid) – Eigentlich ist das mit dem Essen und Trinken und der gesunden Ernährung ganz einfach. Die Frage des Körpergewichts ist eine Frage der Energiebilanz, also dem Verhältnis zwischen Energiezufuhr und -verbrauch. „Die Energiebilanz ist vor allem durch den persönlichen Lebensstil lenkbar“, so Prof. Peter Stehle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung am 7. November in Berlin auf dem Kongress „Lebensmittel & Ernährung der Zukunft“. Daher können keine neuen Lebensmittel den Risikofaktoren Körperfülle bzw. Über- und Fehlernährung entgegenwirken. Zu viel Essen im Vergleich zur Bewegung führt zu Übergewicht – unabhängig von der Zusammensetzung des Lebensmittels. „Eine Auslobung oder Verdammung von einzelnen Lebensmitteln führt uns nicht weiter“, so Stehle. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob für veränderte Lebensstile weitere, entsprechend angepasste Lebensmittel benötigt werden. Prof. Matthias Horst, Hauptgeschäftsführer beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde sieht durchaus Potenzial in der Entwicklung neuer Produkte und Menüs. „Innovative Lebensmittel können zu einer speziell auf moderne Lebensstile abgestimmten Ernährung beitragen. Veränderte Rezepturen müssen allerdings technologisch realisierbar sein und nicht zuletzt den Geschmack ihrer Zielgruppen treffen, um Akzeptanz zu finden.“ Horst nannte als Beispiel den Fettgehalt in Fleischwaren: Hatte eine Salami früher etwa einen Fettgehalt von 50 %, so liegt dieser heute bei durchschnittlich 27 %. „Besonders möchte ich betonen, dass dabei die Nachfrage berücksichtigt wurde und diese Entwicklung keinesfalls einer Regulierung bedurfte. Staatliche Eingriffe in Rezepte oder Preisgestaltung lehnen wir kompromisslos ab“, so Horst. Die Eigenverantwortung jedes Einzelnen für seine Ernährung unterstrich auch Dr. Gerd Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Hinterfragt werden müsse aber die Rolle der Werbung bei der Wahl der Lebensmittel, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Dabei verwies er auf bereits eingegangene Selbstverpflichtungen der Lebensmittelwirtschaft bei der Werbung für Kinderlebensmittel auf europäischer Ebene. Ausdrücklich betonte Müller, dass die Bundesregierung gesetzliche Regelungen ablehne. Um das Problem der Zahl übergewichtiger Kinder zu unterstreichen, gab Prof. Erik Harms, Vorsitzender der Plattform Ernährung und Bewegung (peb) alarmierende Zahlen zum Besten: „Bei Vergleichen der Schuleingangsuntersuchungen vor 30 Jahren und heute, haben wir es mit einem Anstieg an Übergewicht von 50 % und einer Zunahme der Fettleibigkeit von 10 % zu tun.“ Dazu kommt noch die einhergehende Bewegungsunfähigkeit (das Rückwärtslaufen fällt einer immer grßeren Zahl von Kindern schwer) und ein sinkender Grad an Muskelaufbau: Beim Standweitsprung gingen die erzielten Weiten um gut 14 % zurück. Kinderarzt Harms folgerte: „Esskultur muss wieder ein Teil unseres Alltags werden. Wir müssen lernen, unsere Mahlzeiten wert zu schätzen, anstelle „nebenbei zu futtern“, uns mehr Zeit zum Tafeln nehmen statt hastig zu schlingen und mehr Spass an Qualität denn an Menge haben. Es ist zudem Zeit für eine ausgewogene Verpflegung an KiTas und Schulen, in Betrieben und zu Hause – aber auch für mehr körperliche Bewegung. Sonst wird heute wie zukünftig die Energiebilanz nicht stimmen.“
Quelle: AID